Die Unterhändler haben sich an die Anweisungen gehalten. Das Papier der AG Innen, Recht, Migration und Integration, das gestern die Runde machte, ist in Calibri und Schriftgröße 11 verfasst. Vieles ist, „Stand 24.03.2025, 19.00 Uhr“ allerdings noch in Blau und Rot geschrieben – und nicht in Schwarz, dem Farbton für geeinte Forderungen.
Innen: So steht etwa in Blau und eckiger Klammer, also als Formulierungsvorschlag der Union, die Forderung nach einer neuen Nationalen Sicherheitsstrategie, einem nationalen Sicherheitsrat und einem nationalen Sicherheitskoordinator. Außerdem, so das Papier, würde die Union gerne die automatisierte Gesichtserkennung an Bahnhöfen, Flughäfen und „anderen Kriminalitäts-Hotspots“ einführen, um schwere Straftäter zu identifizieren. Geeint ist das aber wohl nicht. Die SPD hingegen hätte gerne „eine rechtliche Grundlage für die Bundestagspolizei“.
Recht: Im Bereich Recht gibt es zum Beispiel beim Thema Cannabis noch offene Fragen. Die Union würde die Teillegalisierung dem Papier zufolge gerne rückgängig machen. Ergebnis offen. Gleiches gilt beim Thema Schwangerschaftsabbruch: Die SPD will das außerhalb des Strafrechts regeln und Abbrüche nach der Beratungslösung in der Frühphase rechtmäßig stellen.
Migration und Integration: Bei einem der umstrittensten Themen der Koalitionsverhandlungen sind ebenfalls noch Punkte in der Arbeitsgruppe offen. Etwa die Forderung der Union, Asylverfahren in Drittstaaten zu ermöglichen. Keine Verständigung gibt es demnach auch auf den Vorschlag von CDU und CSU, wonach der Bund „Bundesausreisezentren in der Nähe von großen deutschen Flughäfen“ betreiben solle, um Abschiebungen zu erleichtern. Auch waren die SPD-Unterhändler wohl nicht einverstanden damit, Sozialleistungen für Ausreisepflichtige „auf das verfassungsrechtlich Erforderliche zu kürzen“, sofern die Ausreise unverschuldet nicht stattfand. Beim Chancenaufenthaltsrecht gehen die Positionen ebenfalls auseinander: Die SPD will es verlängern, die Union will es auslaufen lassen.
Staatsangehörigkeit: Dem Papier zufolge gibt es selbst bei Formulierungen aus dem Sondierungspapier wieder Dissens. In Rot und eckiger Klammer steht im Dokument der Arbeitsgruppe der Satz: „Wir halten an der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts fest.“ Im Sondierungspapier ging die Formulierung weiter: Es solle verfassungsrechtlich geprüft werden, ob Terrorunterstützern, Antisemiten und Extremisten, die dazu aufrufen, die freiheitlich-demokratische Grundordnung abzuschaffen, die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen werden kann; unter der Voraussetzung, dass sie eine weitere Staatsangehörigkeit besitzen. Die Union will dagegen noch weiter gehen und plädiert etwa dafür, dass jede Verurteilung wegen einer vorsätzlich begangenen Straftat eine Einbürgerung verhindert. Außerdem sollen sich Einbürgerungsbewerber zum Existenzrecht Israels bekennen.