Noch bei jedem neuen Kabinett gab es Überraschungen bis zum Tag der offiziellen Vorstellung. Dass sich ein potenzieller Minister aber wegen einer gewalttätigen Aktion gegen seine Familie mitten in den Koalitionsverhandlungen zurückzieht, ist neu. Günther Felßner, Präsident des Bayerischen Bauernverbandes, berichtete gestern in drastischen Worten von dem, was am Montag auf seinem Hof passierte.
Dramatische Szenen: Vermummte Demonstranten kletterten auf das Dach eines Stalles, in dem sich neben Tieren auch Felßners Frau und ein Mitarbeiter befanden, dann drang Rauch von Bengalos von draußen in das Gebäude. „Meine Frau hatte Angst um Leib und Leben.“ Felßner selbst war wegen der Koalitionsverhandlungen in Berlin.
Schwarzer Tag: Die Gefährdung der Familie mit drei Kindern und Opa, die „unkalkulierbare Bedrohung“ durch Gruppen wie „Animal Rebellion“ habe ihn bewogen, sich nicht mehr zur Verfügung zu stellen, das sei ein „schwarzer Tag für die Demokratie“. Mit auch harten Kontroversen über die richtige Landwirtschaft habe er kein Problem, aber mit Gewalt. CSU-Chef Markus Söder sprach von gefährlichen Gruppen, gegen die es „null Toleranz“ geben dürfe.
Gerüchte dementiert: Felßner war von Söder schon vor der Bundestagswahl als künftiger Agrarminister nominiert worden. Bei der Wahl hatte er kein Bundestagsmandat gewonnen, weil er nur auf der Landesliste und nicht in einem Wahlkreis kandidierte. Gerüchte aus den vergangenen Tagen, in der CSU-Landesgruppe in Berlin habe die Begeisterung für den Seiteneinsteiger schon nachgelassen, nannte Felßner „Schwachsinn“.
Söder besteht auf Ministerium: Auch Söder versicherte, erst die Attacken seit Freitag seien ausschlaggebend dafür gewesen, dass Felßner ihn am Montag über seinen Rückzug verständigt habe. Der Landwirt sei ein „toller Mensch“. Das Ministerium selbst beansprucht Söder weiter für die CSU, einen neuen Namen wollte er aber vorab nicht nennen. Infrage käme etwa die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber.