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Deutschlands Blick nach Washington

Auf welche US-Politik man sich in Zukunft einzustellen hat, hat der deutsche Botschafter in Washington den Kolleginnen und Kollegen zuhause schon einmal skizziert. In einem sogenannten Drahtbericht, der unter anderem an das Auswärtige Amt und das Bundeskanzleramt ging und der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, warnt Andreas Michaelis vor „der maximalen Disruption“.

Was sich ändert? Die Agenda Trump 2.0 bedeute „letztlich eine Neudefinition der verfassungsrechtlichen Ordnung“. Die „maximale Machtkonzentration beim Präsidenten“ gehe zulasten des Kongresses und der Bundesstaaten. Demokratische Grundprinzipien würden weitestgehend ausgehebelt, „Legislative, Gesetzesvollzug sowie Medien ihrer Unabhängigkeit beraubt und als politischer Arm missbraucht, Big-Tech erhält Mitregierungsgewalt“.

Was sagt die Chefin? Für einen Diplomaten sind das deutliche Worte. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) verteidigte das Vorgehen gestern allerdings. Es sei der Auftrag der Botschaften darüber zu berichten, worauf man sich bei einem Regierungswechsel einstellen müsse. „Das tut natürlich auch Washington“, sagte Baerbock in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“. Die USA seien Deutschlands engster Partner. „Wir wollen weiter eng zusammenarbeiten, aber wir wollen natürlich auch für unsere eigenen Interessen weiter einstehen“, sagte die Außenministerin.

Was plant die Konkurrenz? Trump bekomme von ihm einen handschriftlich geschriebenen Brief zur Amtseinführung, sagte Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz im Podcast „Alles gesagt?“ der Zeit. Er berate sich außerdem mit Nato-Generalsekretär Mark Rutte, sagte Merz. Der Bild am Sonntag sagte er: „Wir sollten die neue Amtszeit von Donald Trump als Chance begreifen, ein neues Kapitel in den europäisch-amerikanischen Beziehungen aufzuschlagen.“ Sollte er Bundeskanzler werden, werde er Trump vorschlagen, einen neuen Anlauf für ein transatlantisches Freihandelsabkommen zu unternehmen.

Vorteil Scholz? In der SPD hält man es derweil wohl nicht für ausgeschlossen, durch den neuen Mann im Weißen Haus noch einen Schub in den Umfragen zu bekommen. SPD-Chef Klingbeil geht davon aus, dass die internationale Lage in diesem Wahlkampf eine Rolle spielt – und die SPD mit Kanzler Olaf Scholz davon profitieren könnte. Trumps Äußerungen etwa zu Grönland seien schon ein Vorgeschmack auf seine Amtszeit gewesen, sagte Klingbeil der Bild am Sonntag. Darauf brauche es auch aus Deutschland „eine kräftige und deutliche Antwort“. Die SPD sei da, glaubt jedenfalls Klingbeil, mit Olaf Scholz im Vorteil.