Noch bis heute Mittag um 12 Uhr können die Mitglieder der SPD in Thüringen ihr Votum zum Koalitionsvertrag abgeben, den ihre Partei mit CDU und BSW ausgehandelt hat. Stimmen sie zu, könnte Mario Voigt (CDU) am Donnerstag zum Ministerpräsidenten gewählt werden. Die Mitglieder des BSW haben den Koalitionsvertrag am Samstag mit einer Mehrheit von 76 von 104 abgegebenen Stimmen gebilligt. Bei der CDU hat ein kleiner Parteitag am 30. November sein „Go“ gegeben. Dass Voigt gewählt wird, gilt als wahrscheinlich. Die Frage ist allerdings: Wie? Ganz einfach wird es nicht, mehrere Optionen sind denkbar. Ein Überblick über die Fallstricke.
Was macht die AfD? In den ersten beiden Wahlgängen gilt: Um Ministerpräsident zu werden, braucht ein Bewerber die Mehrheit der Stimmen der Landtagsmitglieder. Die aber hat die Brombeer-Koalition nicht, sie kommt nur auf 44 von 88 Mandaten. Das bietet der AfD die Möglichkeit, ihr destruktives Potenzial zu entfalten: Sie könnte im ersten Wahlgang für Voigt stimmen und danach jubilieren, der CDU-Politiker sei nur durch ihre Hilfe Regierungschef geworden. Andreas Bühl, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU, will sich davon nicht irritieren lassen: „Wir werden uns nicht in irgendeiner Form von der AfD abhängig machen“, sagte er.
Was macht die Linke? Ein Ausweg wäre, wenn die Linken vor der Sitzung öffentlich kundtun, für Voigt zu stimmen. Die fordern jedoch zuerst verbindliche Vereinbarungen. Und am Ende stünde immer noch der Makel, dass Voigt von einer Partei unterstützt wurde, für die der Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU gilt.
Die Unschärfe der Verfassung: Die Hoffnung der CDU liegt auf dem dritten Wahlgang. Da braucht ein Bewerber laut Verfassung „die meisten Stimmen“. Darüber, was das bedeutet, gehen die Ansichten der Experten auseinander. Nach der einen Lesart benötigt der Ministerpräsident im dritten Wahlgang mehr Ja- als Nein-Stimmen. Demgegenüber steht die (wohl herrschende Meinung), wonach nur die Ja-Stimmen zählen. Voigt könnte also mit einer einzigen Ja-Stimme gewählt werden. Es sei denn, eine andere Partei stellt einen Gegenkandidaten auf, der ebenfalls 44 Stimmen bekäme. Denkbar etwa, wenn die Linke einen Bewerber ins Rennen schickt, den die AfD unterstützt, um Chaos anzurichten. In diesem Fall müsste wieder und wieder abgestimmt werden.