Rund 540 Menschen hat die Bundesregierung seit Ende 2022 im Rahmen des Bundesaufnahmeprogramms für bedrohte afghanische Zivilisten (BAP) aufgenommen, dabei sollten 1000 Personen pro Monat kommen dürfen. Nun ist aufgrund der Haushaltslage unklar, ob das Programm überhaupt fortgeführt wird. Die Mittel für den entsprechenden Posten sollen um fast 90 Prozent gekürzt werden.
Auf der Kippe: „Es ist offen, wie es da weitergeht“, sagte gestern ein Sprecher des Innenministeriums. Angesichts der Haushaltslage müssten Innen- und Außenministerium weiter beraten, in welchem Umfang das Programm weiterlaufen kann. Ein Sprecher des Auswärtigen Amts betonte aber, es sei im Koalitionsvertrag verankert. Die Regierung habe keine Entscheidung getroffen, das BAP vorzeitig zu beenden.
Enttäuschung und Frust: „Die Bundesregierung hat ihr Versprechen, gefährdete Menschen, insbesondere LGBTQ-Menschen, aufzunehmen, zu evakuieren und zu retten, nicht eingehalten“, sagte Ali Tawakoli, Gründer der Organisation Rainbow Afghanistan, SZ Dossier. Viele von ihnen säßen immer noch in Taliban-Gefängnissen und würden öffentlich von den Taliban bestraft.
Statt mehr Menschen zu evakuieren, würden Zusagen über das BAP derzeit verstärkt zurückgenommen, kritisierten Menschenrechtsorganisationen. Die Aufnahmebedingungen müssten erfüllt sein und sich keine Sicherheitsbedenken ergeben, hieß es aus dem Auswärtigen Amt. Das prüft Deutschland derzeit in Pakistan, wo es zu Verzögerungen kommt. Zusammen mit anderen Aufnahmeprogrammen sind insgesamt rund 34.000 Afghaninnen und Afghanen nach Deutschland eingereist.
BAP rettet Leben: „Ich erwarte vom Bundesinnenministerium und Auswärtigen Amt, dass das Aufnahmeprogramm für Afghanistan fortgesetzt und auskömmlich finanziert wird. Das Programm hat bereits jetzt zahlreiche Leben gerettet“, sagte der Queer-Beauftragte der Bundesregierung Sven Lehmann (Grüne) SZ Dossier. „Queere Afghan*innen gehörten zu den ersten Personen, die durch das Aufnahmeprogramm nach Deutschland evakuiert wurden und damit hier Schutz gefunden haben. Weitere haben feste Aufnahmezusagen und sollen demnächst kommen“, sagte Lehmann. Wie viele von den 540 explizit der LGBTQ-Gruppe zugeordnet werden können, sagte das Innenministerium auf Anfrage nicht. Wie ein Sprecher sagte, gibt es derzeit rund 3000 Zusagen, die noch erfüllt werden sollen.