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Meldung

Die Grünen hadern mit ihrer Struktur

Irgendwo hier liegt die Schuld begraben, in der Parteizentrale. Gestern Nachmittag luden die Grünen zur Pressekonferenz, das Wahlergebnis von 11,9 Prozent würde aufgearbeitet und „Konsequenzen haben“, kündigte Grünen-Chefin Ricarda Lang an. „Natürlich werden wir viele Steine umdrehen“, sagte ihr Co-Vorsitzender Omid Nouripour. Man wolle eine schnelle, aber umfassende Fehleranalyse, und dabei – natürlich – vor allem auf die eigenen blicken. Strukturreformen aber seien „nicht geplant“, sagte Lang. „Wir gewinnen gemeinsam, wir verlieren gemeinsam.“

Also: Trotz großer Unzufriedenheit zum Beispiel mit der politischen Geschäftsführerin Emily Büning (in anderen Parteien hieße sie Generalsekretärin, aber das ist den Grünen zu martialisch), wird sie nicht gehen müssen. Möglicherweise bekommt sie zur Bundestagswahl einen Wahlkampfmanager an die Seite gestellt. Strukturreformen werden diskutiert, unmöglich, dass die Partei daran vorbeikommt. Dass ausgerechnet die stellvertretende Table-Chefredakteurin Helene Bubrowski zuerst darüber berichtete, die nach der Bundestagswahl auch wusste, dass Wirtschaftsminister Robert Habeck Vizekanzler würde, nährt in der Partei die Spekulationen, wer daran ein solches Interesse haben könnte – der Vizekanzler selbst etwa?

Ist das die Lösung? In der Partei glauben viele: nein. Die Grünen von oben zu führen, habe noch nie funktioniert, sagen viele, die schon lange dabei sind. „Die Grünen brauchen eine Führung, die einbindet, keine One-Man-Show“, sagte ein Abgeordneter SZ Dossier. Habeck hatte in den vergangenen Wochen zudem die Freiheit zu sagen, was er für richtig hielt, ohne Rücksicht auf Partei und Fraktion. Siehe Lieferkettengesetz (unten). Gebracht hat es nichts. „Uns fließen die Wählerinnen und Wähler in alle Richtungen ab. Wer jetzt nur Strukturdebatten führt, macht es sich zu einfach“, sagte der Abgeordnete.

Die Quadratur des Kreises: Die Stammwähler, die die Grünen in den vergangenen Jahren aufgebaut haben, halten nicht zu der Partei, wenn sie finden, die Grünen machen Fehler. Das hat dieses Wahlergebnis gezeigt. Die Frage ist also, auf wen sie sich konzentrieren sollen: Die Wählerinnen und Wähler, die ihnen programmatisch nahestehen und nun aus Frust über die Klimapolitik ihr Kreuz woanders gemacht haben? Oder die Ex-Merkel-Wähler, die Habeck so gern für sich (wieder)gewinnen würde? Die Entscheidung nur für eine der beiden Optionen sei falsch, sagte Lang auf der Pressekonferenz. „Wir stehen vor der Aufgabe beides hinzubekommen“, sagte sie, „unser Kernklientel zu erreichen und zu mobilisieren und dabei weiterhin auszugreifen.“ Freuen durfte sie sich, immerhin, gestern Abend über den Politikaward „Aufsteigerin des Jahres“.