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Tiefgang

Der Straßenwahlkampf ist zurück

Der Trend hält seit den Europawahlen an und hat sich nun auch in Sachsen, Thüringen und Brandenburg gefestigt: Die AfD ist besonders beliebt unter Erst- und Jungwählenden.

In Brandenburg können Wählerinnen und Wähler schon ab 16 Jahren ihre Stimme abgeben. Gestern wählten laut Infratest Dimap 31 Prozent aller 16- bis 24-Jährigen die AfD, auf Platz zwei landet mit 19 Prozent Woidkes SPD. Bei den 25- bis 34-Jährigen ergibt sich ein ähnliches Bild. Erst bei denjenigen, die älter sind als 60, wendet sich das Blatt.

So haben die jungen Menschen in Brandenburg gewählt

„Es sind vor allem die Erstwähler und die jungen Wähler, die die AfD wählen“, sagte Politikwissenschaftlerin Andrea Römmele von der Hertie School gestern Abend SZ Dossier. Im Wesentlichen gebe es zwei Gründe für das starke Abschneiden der AfD: Themen und Wahlkampftechnik.

Zunächst zum Schlichten: „Vor allem rechtspopulistische Parteien sind in den sozialen Medien und vor allen Dingen auf Tiktok ganz vorne mit dabei“, sagte Römmele. Die anderen Parteien fremdeln mit dem Medium. „Man kann Tiktok bewerten, wie man will, aber es handelt sich um die Plattform der Jugend“, sagte Römmele.


Natürlich gehe es den jungen Wählerinnen und Wählern aber auch um Themen. „Man muss sagen, dass die Enttäuschung und die Zukunftsangst gerade bei dieser Wählergruppe besonders groß sind“, sagte Römmele: Schließlich seien sie zum Beispiel diejenigen, die sich schwertun, Wohnraum zu finden.

Die amtierende Regierung liefere da nicht in dem Maße, in dem die jungen Menschen es benötigen. „Das ist keine Zuwendung an die AfD, weil sie die meisten inhaltlichen Themen liefert, sondern es ist eine Zuwendung an die AfD aus der Unzufriedenheit gegenüber der amtierenden Regierung heraus“, sagte Römmele.

Was die Berliner Parteizentralen aus der Brandenburger Wahl lernen können? „Wahlkämpfe machen einen echten Unterschied“, sagte Römmele. Klar ist: Es lässt sich nicht alles auf den Bundestagswahlkampf übertragen. Trotzdem sei es so, dass die SPD in Brandenburg auf der Straße gewesen sei, um mit Bürgerinnen und Bürgern zu sprechen. „Zuletzt war der Fokus zwar verstärkt auf Social Media. Ich glaube aber, dass dieses althergebrachte Mittel des Straßenwahlkampfes jetzt eine Renaissance erlebt“, sagte Römmele.

Gerade in Zeiten, in denen man sich online nicht mehr sicher sein kann, was real sei und was nicht, kann das persönliche Gespräch ein bewährtes Mittel sein. „Die AfD ist ja sehr präsent in den sozialen Medien. Dafür haben SPD und CDU mit ihren Parteimitgliedern ein Riesenpfund“, sagte Römmele. Das seien Ressourcen, die auch genutzt und in die Kampagne eingebunden werden müssen. „Ich glaube, das Einbringen der Parteimitglieder in den Wahlkampf kann etwas verändern.“ Gabriel Rinaldi