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Tiefgang

So will Habeck die Wärmepumpe retten

Als Robert Habeck (Grüne) die Ikea-Wärmepumpen wieder aufdrehen soll, hakt es zunächst. Der Vizekanzler hat einen Hebel erwartet, wahrscheinlich einen großen, doch das System wird per Touchscreen gesteuert. Das richtige Feld trifft er erst nach einigen Versuchen.

So oder so ähnlich ließe sich auch seine Beziehung zur Wärmepumpe beschreiben, die im Mittelpunkt einer dreitägigen Sommerreise stand. Habeck wollte die Vorteile der Wärmepumpe zeigen, nachdem ihr Ruf durch das Heizungsgesetz gelitten hatte. Ursache für die sinkende Nachfrage sei vorwiegend die ökonomische Situation, die Wärmepumpe sei aber auch schlechtgeredet worden, befand er bei einem Termin. Und das, obwohl es eine „super Förderung“ gebe und es eine „Falle“ sei, sich fossile Energien neu einzubauen.

Um was es geht? Bis 2030 soll die Hälfte der Wärme laut Koalitionsvertrag klimaneutral erzeugt werden. Ursprünglich hatte die Bundesregierung dafür das politische Ziel ausgegeben, ab 2024 jedes Jahr eine halbe Million neue Wärmepumpen zu installieren. Bis 2023 lief es recht gut, dann aber gingen die Zahlen runter. Im ersten Halbjahr 2024 setzten die Hersteller nur 90.000 Einheiten ab – ein Minus von 54 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Die letzte Station von Habecks Reise ist also der Ikea Lichtenberg, der seit 2011 auf Abwasserwärme setzt und dafür drei Großwärmepumpen nutzt. Um den Klimaschutz, erzählt Habeck in einer Teeküche des Ikea Lichtenberg, sei es bei der Sommerreise nicht vordergründig gegangen. Schwerpunkt seien die Kosten gewesen.

Ikea musste er nicht überzeugen. Der schwedische Möbelriese will künftig überall auf „innovative Heiz- und Kühlungstechnologien“ umstellen und verlegte in Lichtenberg schon vor 13 Jahren eine 200 Meter lange Druckleitung, durch die stündlich 500.000 bis 1,4 Millionen Liter Berliner Abwasser schießen. Die Wärme wird mit den Wärmepumpen auf 35 Grad Celsius gehoben und dann in das Gebäude geleitet – im Sommer wird gekühlt.

So wird laut Ikea der Energiebedarf im Sommer zu hundert und im Winter bis zu 70 Prozent abgedeckt. „Es ist tatsächlich herausfordernd, Industriegebiete beziehungsweise große Verkaufsflächen mit Wärmepumpen warm beziehungsweise kalt zu machen“, sagt Habeck. Er fragt nach, ob das so auch bei anderen Bestandsgebäuden gehe. Ja, ist die Antwort des anwesenden Unternehmers, Habeck nickt zufrieden.

In der Industrie, fügt der Unternehmer hinzu, amortisiere sich das schnell, in drei bis vier Jahren. „Das ist natürlich eine krasse Aussage“, sagt Habeck. Dass sich Wärmepumpen so klar für die Industrie rechneten, freut den Minister.

Er habe auf seiner Reise versucht, Aufklärungsarbeit über die Wärmepumpe zu leisten, und sei sehr zufrieden. „Die Debatte hatte ja ordentliche Schlagseite ins Negative und ich habe das Gefühl, dass diese letzten drei Tage eine richtige Schubumkehr für die Debatte der Wärmewende und des klimaneutralen Heizens in Deutschland sein können“, sagt Habeck. Der Minister ist davon überzeugt, dass die Reise einen Teil der „falschen Aussagen“ widerlegt hat. „Also insofern hoffe ich, dass wir die Vergangenheit der Debatte jetzt ein bisschen abschließen können und die Zukunft frisch gestalten“, sagt er.

Im Ikea Lichtenberg gibt es am Ende standesgemäß Hotdogs, die sich der Vizekanzler, so hören wir, im Vorfeld gewünscht hatte. Dann, nach dem Abschlussstatement, geht es weiter. „Ich muss noch arbeiten“, ruft er den Journalisten zu. Nach den Wärmepumpen kommt der Haushalt. Gabriel Rinaldi