Zeitdruck bei der 5G-Einigung

Selina Bettendorf
Redakteurin
Sollen Bauteile der chinesischen Firmen Huawei und ZTE aus deutschen Handynetzen verschwinden? Darum ringt die Regierung seit Jahren. Die einen sorgen sich um den Schutz kritischer Infrastruktur, die anderen um die flächendeckende Internetversorgung. Über allem schwebt die Frage, wie Deutschland unabhängig von Peking wird. Nach Informationen von SZ Dossier hat das Innenministerium (BMI) schon vor Wochen festgehalten, wie gefährlich die chinesische Technik wirklich ist. Eine Einigung ist aber noch nicht in Sicht.
Auf der Agenda des Innenausschusses stand am Mittwoch ein Bericht der Bundesregierung zur 5G-Debatte, der Tagesordnungspunkt wurde aber nicht aufgerufen. Eigentlich wollte die Ampel vor der Sommerpause eine Lösung finden. Diskussionen über einen Bericht gibt es schon länger, das Dossier Digitalwende berichtete bereits vergangene Woche über die internen Diskussionen dazu (hier kostenlos testen).
Im Mai war der Bericht nach Informationen von SZ Dossier auch Thema im Außenausschuss. Das Innenministerium berichtete in einer nicht-öffentlichen Sitzung, man arbeite seit Monaten an einer Gefahreneinschätzung, die nun fertig sei. Auch zum 5G-Gipfel des Kanzlers mit den beteiligten Ressorts im Mai gab es Gerüchte, dass ein BMI-Papier dazu fertiggestellt sei.
Das Thema: eine Technikanalyse zur Einschätzung der Kritikalität der 5G-Komponenten. Eine Sprecherin des Innenministeriums teilte SZ Dossier mit, die Prüfungen des BMI zu kritischen Komponenten chinesischer Hersteller in 5G-Mobilfunknetzen gingen weiter voran und sollen „in Kürze“ abgeschlossen werden. Zu weiteren Details könne das Ministerium keine Auskünfte erteilen.
Im Hintergrund bestätigen mehrere Beteiligte, das geheime Papier sei finalisiert. Es sei in den vergangenen Monaten fertiggestellt worden und könnte eine Diskussionsgrundlage für das Gipfeltreffen gewesen sein. „Die Bundesregierung drückt sich weiter vor der Entscheidung zum Austausch chinesischer Komponenten aus dem deutschen Mobilfunknetz“, sagte CDU-Innenpolitiker Alexander Throm SZ Dossier. Die Ampel erwecke den Eindruck, als schiebe sie das Thema auf die lange Bank.
Die Positionen der Ressorts sind bekannt. Innenministerin Nancy Faeser (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock (beide Grüne) wollen ein zügiges Verbot kritischer Bauteile der betroffenen chinesischen Konzerne im deutschen Mobilfunknetz. Digitalminister Volker Wissing (FDP) und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sind davon nicht überzeugt. Vor allem Wissing verfährt nach altem FDP-Wahlspruch „Digital first, Bedenken second“. Er wünscht sich, dass die Versorgung nicht gefährdet wird, priorisiert schnelles Internet: Bauteile also erst dann ersetzen, wenn sie eh nicht mehr funktionieren.
Ein Insider sagte, bis zuletzt sei einer der drei Mobilfunkanbieter in Deutschland nicht von Wissings Strategie überzeugt, weil sich seine Aktionäre eher ein Verbot wünschten. Politisch wäre das eine Ansage: Wenn dieser Provider überzeugt würde, könnte die Einigung noch vor Ende Juli erreicht werden. Bisher ist das nach Informationen von SZ Dossier aber nicht der Fall. Also hoffen in der Regierung jetzt schon manche auf eine Einigung zum Herbstbeginn.
Dafür haben sich am Dienstag die Staatssekretäre aller betroffenen Häuser zu ihrer regelmäßigen China-Runde getroffen, wie zunächst das Handelsblatt berichtete. Die Runde soll nach der Verabschiedung der China-Strategie vor einem Jahr eingerichtet worden sein und trifft sich nach Informationen von SZ Dossier derzeit ungefähr alle vier Monate. Zuständig sei dabei das Auswärtige Amt, wie es aus Regierungskreisen hieß.
Ein Sprecher sagte, in der Runde gehe es um die Steuerung und Umsetzung der China-Strategie. „Sie stellt dabei auch eine angemessene strategische Vorausschau sicher“, sagte er. Mehrere beteiligte Ministerien wollten sich zu regierungsinternen Abstimmungen nicht äußern. Die Frage, ob auch die 5G-Einigung auf der Tagesordnung stand, ließen sie unbeantwortet. Gabriel Rinaldi, Selina Bettendorf