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Tiefgang

Wie das Mitte-rechts-Spektrum sich ausdifferenziert

Die Europäische Volkspartei verzeichnet erste Erfolge mit einer Strategie der Umarmung neuer Parteien des Mitte-Rechts-Spektrums und erwartet Zuwachs nach bei der Europawahl im Juni. „Wir spüren europaweit viel Interesse bei Parteien, Mitglied der EVP-Fraktion zu werden“, sagte EVP-Parteichef Manfred Weber SZ Dossier. Er sitzt auch der Fraktion im Europaparlament vor und ist stellvertretender CSU-Vorsitzender.

Die ersten Parteien haben angeklopft: „Die niederländische BBB hat bereits entschieden, einen Aufnahmeantrag für die EVP-Fraktion zu stellen, ebenso die Nieuw Sociaal Contract von Pieter Omtzigt“, sagte Weber am Donnerstag. „Die tschechische ODS tritt für die Europawahlen auf einer gemeinsamen Liste mit EVP-Mitgliedsparteien an.“ Die Bürger-Bauern-Partei ist, Obacht!, eine neue Kraft, aus Bauernprotesten geboren; Omtzigt war früher Christdemokrat, beide haben 2023 Erfolge gefeiert. ODS ist die Partei des tschechischen Ministerpräsidenten Petr Fiala.

Webers Wahlziel: Stärkste Kraft zu werden und damit im Postenlotto für die EVP den Hauptpreis, die Kommissionspräsidentschaft, zu ziehen. Wahlumfragen und die Erholung seiner Partei, was die Zahl ihrer Vertreter im Europäischen Rat angeht, legen nahe, dass er sich dafür nicht allzu sehr strecken muss, aber Wahl ist erst Anfang Juni. „Schon heute sind wir mit zwölf Staats- und Regierungschefs, der Kommissionspräsidentin und zahlreichen Kommissaren, der Parlamentspräsidentin sowie als größte Fraktion deutlich die stärkste Kraft in der Europapolitik“, sagte Weber. 

Drittes Ziel: das EU-Äquivalent einer Ampelmehrheit gegen seine Fraktion zu verhindern. „Wir wollen als EVP die Wahlen gewinnen und weiter die führenden Köpfe der Europapolitik stellen“, sagte Weber. „Gegen die EVP wird nicht regiert werden können.“ Das war in der laufenden Legislatur gelegentlich anders: Parteien links der Mitte fügten Weber einige Abstimmungsniederlagen zu. 

Der Ausgriff nach rechts, wie etwa ein frühes Gesprächsangebot an Meloni, hat Weber bei der stets bereiten Brandmauerwehr seiner CSU scharfe Kritik eingebracht, beim eigentlichen politischen Gegner ohnehin. „Die EVP steht für die Idee einer großen Volkspartei“, sagte er. In der „größten Parteienfamilie Europas“ versammelten sich Christdemokraten, Liberale, Konservative, Parteien der bürgerlichen Mitte – „und der demokratischen Rechten“, sagte er.

Entscheidungen über künftige Fraktionsmitglieder „werden erst nach den Wahlen getroffen“, sagte Weber. Erstmal hat der Wähler das Wort. Die EVP habe „klare Kriterien“ für neue Mitglieder in der EVP. „Dazu gehören die Vorgaben: pro-europäisch, pro-Rechtsstaat und pro-Ukraine“, sagte Weber. Das schlösse sogar Meloni ein, beileibe nicht der Tradition ihrer Partei nach, aber ihrem politischen Handeln bislang.

Sie aber bewirbt sich nicht um eine Aufnahme in die Familie – sie hat ihre eigene zu organisieren und disziplinieren: Meloni ist Vorsitzende der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR), die sie versucht, salonfähig zu machen.

Da stört es, dass Polens PiS dabei ist, die sich in europäischer Machtpolitik längst unmöglich gemacht hat; da helfen Moves wie der, dem aus der EVP geflogenen Orbán Bedingungen für eine mögliche Aufnahme zu stellen; da ist es unabdingbar, dass Le Pens MR und die AfD einer anderen EU-Fraktion und Partei noch weiter rechts angehören. Und da wird sehr darauf zu achten sein, wie Meloni sich im Postenpoker nach der Europawahl positioniert.