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Nutzungsrechte erwerbenDie Macht der richtigen Organisation
Mittwoch, 30. April 2025Guten Morgen. Um 10:30 Uhr soll SPD-Generalsekretär Matthias Miersch nach den Gremiensitzungen der Partei das Ergebnis des Mitgliedervotums über den schwarz-roten Koalitionsvertrag bekanntgeben. Gestern Abend lief um 23:59 Uhr die Frist für die Online-Abstimmung ab. Hat eine Mehrheit zugestimmt, steht der Unterzeichnung am Montag nichts mehr im Wege.
Eine halbe Stunde später, um 11 Uhr, kommt das Kabinett Scholz im Kanzleramt zu seiner voraussichtlich letzten Sitzung zusammen. Es ist der Schlussakkord nach dreieinhalb Jahren Kanzlerschaft. Ab nächster Woche soll Merz als neuer Regierungschef übernehmen. Wir blicken heute darauf, wen er sich dazu ins Kanzleramt holt und wie die Bundesregierung sich organisieren will.
Willkommen am Platz der Republik.
Was wichtig wird
Friedrich Merz wird so manchen Vertrauten mit ins Kanzleramt nehmen. Da ist zuallererst Thorsten Frei, aktueller PGF der Unionsfraktion, der Chef des Bundeskanzleramts wird. „Das Kerngeschäft eines ChefBK ist, dafür zu sorgen, dass eine Regierung geschmeidig und gut arbeitet“, sagte Frei gestern. In seinem Haus werde es die eine oder andere „organisatorische Umsteuerung“ geben, um das Ganze im Organigramm etwas flüssiger und passender zu machen.
Frei stellte aber klar: Die Koordinierung der Ressorts wird Chefsache. „Es wird einen Staatssekretär geben, aber das ist die Aufgabe des ChefBK, das kann man nicht delegieren“, sagte er SZ Dossier. Heißt: Er versteht die Rolle wie sein SPD-Vorgänger Wolfgang Schmidt, der direkt mit den koordinierenden Staatssekretären der anderen Koalitionspartner verhandelte. Kurzer Blick in die Unionsfraktion: Als neuen PGF und Frei-Nachfolger wünscht sich der designierte Fraktionschef Jens Spahn den baden-württembergischen Abgeordneten Steffen Bilger, wie der Tagesspiegel berichtet.
Die Schlüsselfiguren im Kanzleramt sickerten bereits durch. Büroleiter von Merz wird sein bisheriger Stabschef in der Fraktion: Jacob Schrot. Zugleich wird die Stabsstelle für den neuen Nationalen Sicherheitsrat in seine Verantwortung fallen. Der bisherige Fraktionsdirektor Jörg Semmler wird Staatssekretär im Kanzleramt. Er soll sich vor allem um Personalfragen kümmern und ein Bindeglied zum neuen Digitalministerium sein. Semmler war unter anderem bereits in der Europäischen Kommission tätig und im Innenministerium. Die FAZ berichtete zuerst über die neuen Köpfe.
Die Merz Boys: Außenpolitischer Berater wird demnach der Politische Direktor im Auswärtigen Amt Günter Sautter, ein erfahrener Diplomat. Levin Holle wird wirtschaftspolitischer Berater, zuletzt war er Finanzvorstand der Deutschen Bahn, vorher ein enger Mitarbeiter von Wolfgang Schäuble im Finanzministerium. Die europapolitische Abteilung wird künftig der Diplomat Michael Clauß leiten und damit auch bei EU-Gipfeln im Hintergrund wirken. Die Innenpolitik wird künftig von Christian Diehr geführt, der bislang im Finanzministerium arbeitete. BND-Vizepräsident Philipp Wolff wird die Koordinierung der Nachrichtendienste verantworten. Noch offen sind die zwei Abteilungsleiter für Arbeits-, Sozial- und Gesellschaftspolitik sowie Grundsatzfragen und politische Planung.
Neuer Regierungssprecher: Dafür steht fest, wer das Bundespresseamt (BPA) leiten soll. Am Abend teilte die SZ mit, dass ihr langjähriger Ressortleiter Stefan Kornelius Regierungssprecher wird. Kornelius war seit 1991 bei der SZ, zuerst als Korrespondent in Bonn, während der Präsidentschaft von Bill Clinton in Washington und anschließend als stellvertretender Büroleiter in Berlin. Im Jahr 2000 übernahm er die Leitung des Ressorts Außenpolitik, seit 2021 war er Ressortleiter Politik. Für die CSU soll der bisherige Sprecher der CSU-Abgeordneten Sebastian Hille ins BPA ziehen, wie Table Briefings zuerst berichtete.
Die Bundesanwaltschaft hat einen früheren Mitarbeiter des AfD-Politikers Maximilian Krah und eine mutmaßliche Komplizin wegen Spionage für einen chinesischen Geheimdienst angeklagt. Jian G. soll wiederholt Informationen über Verhandlungen im Europäischen Parlament weitergegeben und für den Nachrichtendienst chinesische Oppositionelle in Deutschland ausspioniert haben. Tim Frehler berichtet.
Zugang zu sensiblen Dokumenten: Der Bundesanwaltschaft zufolge soll G. seit dem Jahr 2002 Mitarbeiter eines chinesischen Geheimdienstes gewesen sein. Ab September 2019 bis zu seiner Festnahme im April vergangenen Jahres arbeitete G. für Krah im Europaparlament. Dort soll er sich Zugang zu mehr als 500 Dokumenten verschafft haben. Darunter sollen auch einige sein, die das Europäische Parlament als besonders sensibel eingestuft hatte.
Besonders brisant: G. soll Informationen über führende AfD-Politiker zusammengetragen haben. Wie der Spiegel berichtet, fanden Ermittler bei ihm drei Word-Dokumente in chinesischer Sprache: Sie wurden zwischen Ende 2023 und Anfang 2024 erstellt und sollen detaillierte Einschätzungen zu Rolle, Status und Stellung von Spitzenpolitikern der AfD enthalten haben – etwa zu den Parteichefs Weidel und Chrupalla. Unklar ist dem Bericht zufolge, ob Krah diese Informationen bewusst weitergegeben hat oder G. sie „abgeschöpft“ hat.
Was sagt Krah? Zu den Vorwürfen, G. habe mutmaßlich Informationen über AfD-Politiker gesammelt, sagte Krah der dpa, er habe das zum ersten Mal gelesen und wüsste auch nicht, was das sein soll. Dem SZ-Kollegen Roland Preuß sagte er: „Da war nichts. Er hat sich für Parteiinterna nicht so interessiert, er war ja zuständig für Außenhandel.“ Als Mitarbeiter in einem Vier-Mann-Büro bekomme man aber natürlich viel mit. Tino Chrupalla wollte sich laut dpa nicht äußern, ein Sprecher Weidels sagte, man habe keinerlei Informationen über die „schmale Pressemitteilung des Generalbundesanwalts“ hinaus. Von einem möglichen Prozess gegen seinen früheren Mitarbeiter erhoffe sich Krah, dass er die „nötige Klarheit bringt“, sagte er der dpa.
Die mutmaßliche Komplizin: Ende September nahmen Beamte des Bundeskriminalamtes im Auftrag der Bundesanwaltschaft in Leipzig eine Chinesin fest, die für ein Dienstleistungsunternehmen am Flughafen Leipzig/Halle arbeitete. Sie soll G. zugearbeitet haben, ihm etwa Informationen über Flüge, Fracht und Passagier des Leipziger Flughafens weitergegeben haben. Laut Bundesanwaltschaft betrafen die vor allem den Transport von Rüstungsgütern sowie Personen mit Verbindungen zu einem deutschen Rüstungsunternehmen. Die Frau ist ebenfalls der geheimdienstlichen Agententätigkeit für einen chinesischen Geheimdienst verdächtig. Beide sitzen in Untersuchungshaft. Das Oberlandesgericht Dresden muss nun entscheiden, ob es die Anklage zulässt und einen Prozess ansetzt.
Der Blackout in Spanien ist ein gutes Beispiel dafür, wie heikel es sein kann, das Netz nach einem großflächigen Ausfall wieder aufzubauen. Die Ereignisse weisen auf eine wichtige Fähigkeit hin, die in der Energiewende schwieriger zu haben sein wird: Schwarzstartfähigkeit. Der Vorgang, das Netz nach einem großflächigen Ausfall wieder aufzubauen, wird durch einen hohen Anteil an Erneuerbaren erschwert. Unser Dossier Geoökonomie berichtet.
Schwarzstartfähigkeit im Fokus: Diese Aufgabe übernehmen auch heute noch vor allem fossile Kraftwerke, die sich tatsächlich besonders gut dazu eignen. In Deutschland fällt diese Aufgabe im Ernstfall 26 Anlagen zu. Die Erneuerbaren sind dagegen – Stand heute – nicht schwarzstartfähig. Sowohl Windturbinen als auch Solarzellen benötigen ein funktionierendes Netz, um etwas einspeisen zu können. Bei Stromausfall werden sie passiv, bis die Versorgung wieder steht.
Konventionelle Kraftwerke mit rund laufenden Wellen in Generatoren geben weiterhin den Takt für den Wechselstrom vor. Die Software in den Wechselrichtern hinter Solarzellen passen ihren Strom an diesen Takt an. Wenn sie einfach so einspeisen würden, ohne den vereinheitlichenden Dirigenten aus dem Netz, entstünde ein katastrophales Chaos aus verschobenen und versetzten Frequenzen.
Speicher für den Neustart: Um den Anteil der Erneuerbaren künftig einmal gegen 100 Prozent hochzudrücken, müssen sie schwarzstartfähig werden. Statt „netzfolgend“ muss ein Teil von ihnen in intelligenter Weise „netzbildend“ sein, was technisch möglich ist. Dazu sind örtliche Speicher beispielsweise in Windparks ebenso nötig wie große Speicherkraftwerke, die sich in koordinierter Weise am Schwarzstart beteiligen können.
Netzstabilität ist eine Standortfrage. Nach dem großflächigen Stromausfall in Spanien betonte die Bundesnetzagentur: Das deutsche Stromnetz gehört zu den stabilsten weltweit. Doch um langfristig Resilienz von fossilen Importen zu erreichen, sind konsequent hohe Investitionen in smarte Netze nötig. Fossile Brennstoffe erhält Deutschland zunehmend aus den USA, kleinere Mengen etwa an Flüssiggas aber immer noch aus Russland.
Tiefgang
Gleich nach der Kanzlerwahl beginnt nächste Woche ein großer Umbau an der Spitze der Bundesverwaltung: Ein neues Digitalministerium wird geschaffen, große Häuser wie das Innen- und das Wirtschaftsministerium verlieren Zuständigkeiten. CDU-Mann Thorsten Frei, designierter Chef des Bundeskanzleramts, sagte gestern, der Organisationserlass, den Friedrich Merz an Tag eins verschicken werde, sei „einigermaßen anspruchsvoll“, weil es „einige Veränderungen in die eine oder andere Richtung“ geben werde. „Das ist deshalb nicht ganz unkompliziert, weil man das idealerweise mit betroffenen Koalitionspartnern auch abstimmt“, sagte Frei.
Organisationsfragen sind Machtfragen, deshalb wird um Details gerungen. Im Innenressort steht ein größerer Umbau bevor. Nicht wehren kann sich das Haus dagegen, dass die Abteilungen für digitale Gesellschaft und digitale Verwaltung in das neue Digitalministerium wandern. Das betrifft vier Unterabteilungen und 19 Referate. Sie sitzen bereits jetzt separiert in der Englischen Straße in Berlin, das BMI hat dort vor wenigen Jahren seine Digitalabteilungen zusammengezogen. Gegebenenfalls ein Vorteil: Will man die komplexe Gebäudesuche für das neue Digitalministerium überbrücken, gäbe es dort eventuell schon einen räumlichen Nukleus, um sofort mit der Arbeit zu beginnen.
Ein offener Streitpunkt ist noch, ob die Zuständigkeiten für Cybersicherheit – und damit in Teilen auch für das mächtige Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) – in das Digitalressort wechseln. Sollte das passieren, könnte ein Verwaltungsrat aus Innen- und Digitalressort sowie dem Kanzleramt (als „Schiedsrichter“) sich die politische Steuerung teilen, wie aus einem Papier hervorgeht, das SZ Dossier vorliegt. Verschiedene Behörden aus dem nachgelagerten Bereich haben es gemeinsam verfasst. Dass das Innenressort in irgendeiner Form ein Mitspracherecht behalten muss, scheint jedoch klar.
Dass Organisationsfragen Machtfragen sind, lässt sich auch am Beispiel Sport schön ablesen. Dafür soll es innerhalb der Bundesregierung künftig eine neue Stelle geben. Die CDU-Politikerin Christiane Schenderlein wird Staatsministerin für Sport und Ehrenamt, angesiedelt im Kanzleramt. Im Sport geht es um wichtige Weichenstellungen wie die Bewerbung um Olympische Spiele. Welche Kompetenzen und welche Mittel Schenderlein allerdings zur Verfügung haben wird, muss der Organisationserlass klären.
Bislang ist für den Sport nämlich hauptsächlich das Innenministerium zuständig, dort kümmert sich eine eigene Abteilung mit mehreren Referaten um das Thema. Fraglich ist nun, ob die zu Schenderlein ins Kanzleramt wechselt. Sollte das nicht der Fall sein, wäre die Kompetenz für Sport weiterhin auf mehrere Häuser verteilt, Schenderlein stünde als Königin ohne Land und ohne Apparat da. So könnte auch eine potenzielle Konfliktquelle zwischen Kanzleramt und BMI entstehen.
Nicht hilfreich wäre die Situation für Schenderlein auch deshalb, weil sie selbst keinen sportpolitischen Hintergrund hat. In den Koalitionsverhandlungen leitete sie aufseiten der CDU die Arbeitsgruppe Kultur und Medien, im Bundestag war sie kulturpolitische Sprecherin der Unionsfraktion.
In gleich mehrere Richtungen werden Kompetenzen aus dem Wirtschaftsministerium abwandern. Das Haus ist mit elf Abteilungen und 39 Unterabteilungen nicht gerade klein, bis vor Kurzem saßen wegen Platzmangels nicht einmal alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der zentralen Abteilung Wirtschaftspolitik im Hauptsitz des Ministeriums in der Berliner Scharnhorststraße. Die Abteilung Klimaschutz geht zurück an das SPD-geführte Umweltministerium. Sollte das BMWK die Abteilung komplett verlieren (noch ist das unklar), wäre davon auch die Zuständigkeit für den Emissionshandel (ETS) betroffen. Das ist aber eines der zentralen Instrumente zur Steuerung der Energiewende, für die die neue Chefin des Hauses, Katherina Reiche (CDU), als Energieministerin ja zuständig bleibt.
Spannend wird auch die Aufteilung der Abteilung für Digital- und Innovationspolitik. Da alle Wirtschaftsbereiche einschließlich Mittelstand mehr Digitalisierung brauchen, wird sich die neue Ministerin wohl nicht alles vom neuen Digitalministerium wegnehmen lassen. Im Wirtschaftsministerium liegen wichtige Zuständigkeiten – von Künstlicher Intelligenz über Datenrecht bis zur Digitalisierung des Mittelstands. Das Wirtschaftsressort hatte etwa den europäischen AI Act mitverhandelt. Zudem ist in seinem Geschäftsbereich die Bundesnetzagentur (BNetzA) angesiedelt, die gerade dabei ist, diverse Aufsichtspflichten im Digitalen anzuhäufen. Für den Digital Services Act (DSA) ist diese bereits zuständig, der AI Act und der Data Act könnten folgen.
Wandern Zuständigkeiten aus dem Wirtschafts- in das Digitalressort, könnte die BNetzA zerteilt werden, wie der Verband Bitkom kürzlich vorschlug. In der Abteilung gibt es auch Referate für Games (Computerspiele) und Künstliche Intelligenz, auf die die neue Forschungs- und Technologieministerin Dorothee Bär Anspruch erhebt. Aus der industriepolitischen Abteilung werden Referate zur Raumfahrt einschließlich der Zuständigkeiten für DLR und ESA in Richtung Bär abwandern.
Die CSU-Politikerin kann die Referate voraussichtlich in den Teil des bisherigen Bildungs- und Forschungsministeriums eingliedern, die den Kern ihres neuen Ressorts ausmachen. Sie hat auch gute Chancen, in das moderne Gebäude des bisherigen Bildungsministeriums einzuziehen und dessen Zentralabteilung zu übernehmen. Die für Bildung zuständigen Teile wandern in das Familien- und Frauenministerium, das bisher mit nur fünf Abteilungen schlank aufgestellt ist.
Um noch mehr Geld als bei der Raumfahrt und Technologieförderung geht es beim KTF, dem Klima- und Transformationsfonds. Der muss laut Koalitionsvertrag auch einen Teil der Bahn-Infrastruktur finanzieren. Ob er aber im Wirtschafts- oder im Umweltministerium verwaltet wird, ist noch unbekannt.
Nicht alle Details und erst recht nicht die technische Integration von Abteilungen und Referaten in andere Ministerien werden im Organisationserlass stehen. Dafür wird es Verwaltungsvereinbarungen zwischen den Häusern geben. Daraus werden die Beamten und Angestellten einiges über Pragmatismus und Durchsetzungsfähigkeit ihrer neuen Chefs lernen können. Peter Ehrlich, Tim Frehler, Fabian Löhe, Matthias Punz, Gabriel Rinaldi
Fast übersehen
Hoffnung auf Reiche: Ohne Klimaschutz wird das Wirtschaftsministerium zuvorderst ein Energieministerium – mit einer Wasserstoffexpertin an der Spitze. Die Industrie hofft mit Katherina Reiche (CDU) an der Spitze des Hauses vor allem auf eine bezahlbare Dekarbonisierung. Nicht nur die Bundesverbände für erneuerbare Energie sowie für die Energie- und Wasserwirtschaft sind schon einmal guter Dinge, berichtet Fabian Löhe im Dossier Nachhaltigkeit, das heute um 12 Uhr erscheint.
Zwei Baustellen: „Für Unternehmen in der Transformation sind der Wasserstoffhochlauf und der Netzausbau zwei drängende Baustellen, auf denen Katherina Reiche sich bestens auskennt und die sie sofort angehen kann“, sagte Sabine Nallinger, Vorständin der Stiftung Klimawirtschaft, SZ Dossier.
Fachexpertise: Anders als Friedrich Merz, der „hässliche“ Windräder im Wahlkampf abzubauen versprach, setzt sie auf schnellere Genehmigungsverfahren. Der designierte Kanzler zweifelte am grünen H₂-Hochlauf, Reiche zeigte sich von nachhaltigem Wasserstoff überzeugt. Kaum Anhaltspunkte bieten Reiches bisherige Äußerungen, wie sie sich in der Debatte über die Omnibus-Richtlinie zum Abbau von Berichtspflichten zur Nachhaltigkeit positionieren wird.
Die Grünen stellen sich neu auf: Stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Bundestag sind (wie bisher) Andreas Audretsch, Julia Verlinden, Konstantin von Notz und Agnieszka Brugger. Für Maria Klein-Schmeink, die dem Bundestag nicht mehr angehört, wurde Misbah Khan neu gewählt. Einer Kampfkandidatur musste sich nur Innenpolitiker von Notz stellen, berichtet Markus Balser in der SZ. Er gewann aber gegen Till Steffen.
Wo ist der Osten? Steffen ist nun auch nicht mehr Parlamentarischer Geschäftsführer. Neu in diesen Kreis wählten die Grünen Claudia Müller. Anja Reinalter und Filiz Polat wurden in ihrem Amt bestätigt. Müller kommt zwar aus Mecklenburg-Vorpommern, für führende ostdeutsche Grüne sei das allerdings nur ein Trostpflaster, heißt es in der SZ. Schließlich kommt die Spitze der Bundestagsfraktion um die beiden Vorsitzenden Britta Haßelmann und Katharina Dröge sowie die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin Irene Mihalic komplett aus Nordrhein-Westfalen. Die drei wurden allerdings schon Ende März gewählt.
Gleiches gilt für den Bundestagsvizepräsidenten Omid Nouripour. Der wiederum ersetzte mit Katrin Göring-Eckardt eine Thüringerin.
Mehrheit hält AfD für unwählbar: Sechs von zehn Befragten einer neuen Studie halten die AfD vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte für unwählbar. Jeder Zweite hält laut der repräsentativen Studie „Gedenkanstoß Memo“ die AfD gar für ähnlich bedrohlich für die deutsche Gesellschaft wie früher die NSDAP. 57,7 Prozent der Befragten sehen es als richtig an, die AfD als rechtsextrem zu bezeichnen. Für die Befragung der Stiftung Erinnerung, Verantwortung, Zukunft wurden im Oktober 2024 etwa 3000 Menschen befragt. Anlass ist der 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs und des NS-Staats.
Erschreckende Erkenntnisse: 42,8 Prozent gaben an, es sei ihnen wichtig, die Erinnerung an die Verbrechen des Nationalsozialismus in Deutschland lebendig zu halten. 20,7 Prozent finden es hingegen in Ordnung, wenn künftige Generationen sich nicht mehr mit der NS-Zeit auseinandersetzen. Mehr noch: 38,1 Prozent halten einen „Schlussstrich“ für richtig – 37,2 Prozent lehnen das ab. Die Behauptung „Juden haben in Deutschland zu viel Einfluss“ trugen 12,3 Prozent der Befragten mit – deutlich mehr als in früheren „Memo“-Studien. 2022 lag der Wert noch bei 3,2 Prozent, Jahr 2020 bei 2,4 Prozent.
Zunahme antisemitischer Haltungen: „Antisemitische, rechtspopulistische und geschichtsrevisionistische Haltungen haben im Vergleich zu früheren Befragungen merklich zugenommen und sind nun endgültig wieder in der Mitte der Gesellschaft angekommen“, sagte Studienleiter Jonas Rees von der Universität Bielefeld. 25,9 Prozent der Befragten stimmten der Aussage zu: „Die Juden nutzen die Erinnerung an den Holocaust heute für ihren eigenen Vorteil aus.“ Nur gut ein Drittel habe grob erklären können, was im Kontext der NS-Zeit unter „Euthanasie“ – also der Ermordung Kranker – zu verstehen ist. Etwa drei Viertel konnten keine realistischen Einschätzungen zu Opferzahlen geben.
Unter eins
Der designierte CDU-Außenminister Johann Wadephul bekräftigt im Gespräch mit der Deutschen Welle die Solidarität mit der Ukraine
Zu guter Letzt
Die deutsche Politik kann sich berechtigte Hoffnungen darauf machen, ihren erfolgreichsten Food-Influencer zu behalten. Zumindest hat dieser nun ausgeschlossen, Bundespräsident werden zu wollen. „Ganz ehrlich: Der schönste Moment in Berlin ist für mich jedes Mal, die Stadt wieder in Richtung Bayern zu verlassen“, sagte Markus Söder dem Münchner Merkur. Das Amt des Bundespräsidenten sei sicher sehr wichtig – „aber nichts für mich“.
Stattdessen will der CSU-Chef bei den bayerischen Landtagswahlen in drei Jahren antreten, wie er nun verkündete. „Franz Josef Strauß hat einmal gesagt: An der Spitze meiner Nachfolger stehe ich selbst an erster Stelle“, sagte der Ministerpräsident des Freistaats. Sofern die Wähler und seine Partei es wollten, werde er auch 2028 bereit sein. Ein Amt, das deutlich kompatibler ist mit seiner Nebentätigkeit auf Social Media.
Eigentlich wollte er noch 2018 die Amtszeit der bayerischen Regierungschefs auf zehn Jahre begrenzen. „Was man in zehn Jahren nicht schafft, ist auch später nicht mehr möglich“, sagte er damals. Söder ist seit 2018 Ministerpräsident und wurde 2023 wiedergewählt. Seine Pläne zur Amtszeitbegrenzung scheiterten damals am Widerstand der Opposition. Praktisch, denn die Zehnjahresmarke würde er bei einer erneuten Wahl deutlich überschreiten.