Von Krieg, Frieden und Frauenrechten
Süddeutsche Zeitung Dossier
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Montag, 15. April 2024
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Von Valerie Höhne

mit Gabriel Rinaldi

Schnelldurchlauf:

Iran greift Israel an: Die gefürchtete Eskalationsspirale +++ China-Reise des Kanzlers: Ein Balanceakt +++ Wissings Provokation: Wie taktisch denkt der FDP-Wähler? +++ Mettbrötchen und Umdeutungen: Mario Voigt übers TV-Duell +++ Tiefgang: Das große Abtreibungsdilemma +++ Auf der „Maritime Week“ setzt sich Wissing für weniger CO₂ ein +++ Weltraumziele: Ein weltraumgestütztes EU-Kommunikationssystem +++ Mehr Zusammenarbeit: Cem Özdemir über Ernährungspolitik



Guten Morgen. Ein IT-Experte begleitet den Kanzler nach China, er soll sicherstellen, dass der Kanzler in der Krise abhörsicher mit Partnern und Regierung kommunizieren kann, etwa für eine Videoschalte gestern Nachmittag im Kreis der G7. Scholz schaltete sich auch mit Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), Innenministerin Nancy Faeser (SPD), und Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) zusammen. Aus Regierungskreisen hieß es, sie stimmten sich „laufend ab“.


Eine Schiffsfahrt in der 32-Millionen-Metropole Chongqing hat Olaf Scholz abgesagt: Krisenmodus auf der Reise, auf der Unbeschwertes spätestens jetzt seltsam wirken würde. Irans Angriff auf Israel sei „in keiner Weise akzeptabel, nachvollziehbar und hinnehmbar“, sagte er am Sonntag. Es sei „völlig klar“, dass Deutschland mit Israel „solidarisch“ sei, sagte Scholz.


Der 13. April hätte leicht zu einem weiteren furchtbaren Datum werden können. Zum ersten Mal griff Iran Israel vom eigenen Boden aus an, beschoss sogar Jerusalem mit Drohnen, eine Stadt, die auch dem Islam heilig ist. Aber Israels Luftabwehr funktionierte und unterstützt wurde das Land nicht nur von internationalen Partnern wie den USA und Frankreich, sondern auch von Jordanien.


Diplomatinnen und Diplomaten aus aller Welt arbeiten nun daran, eine weitere Eskalation zu verhindern. Der UN-Sicherheitsrat traf sich am Sonntag um 16 Uhr Ortszeit zu einer Sitzung, um die Folgen des Angriffs zu besprechen. Selbst – ausgerechnet! – Russland zeigte sich „äußerst besorgt“ über die Lage.


Mein Name ist Valerie Höhne, ich begrüße Sie heute zum ersten Mal am Platz der Republik. Mein Ziel ist es, Sie zu informieren und, manchmal, wenn die Lage es zulässt, zu inspirieren. Ich hoffe, dass Sie bei der Lektüre immer wieder Gedanken entdecken, die Sie interessant finden und weiterwälzen wollen. Herzlich willkommen.

Was wichtig wird

1.

Drohende Eskalation im Nahen Osten

Was plant Israel? Nach Informationen von SZ Dossier hatte Baerbock am Sonntag Kontakt mit ihrem israelischen Amtskollegen Israel Katz, dem Kriegskabinettsmitglied und früheren Verteidigungsminister Benny Gantz, und dem jordanischen Außenminister Ayman Safadi. Die Regierung stimme sich eng mit den Partnern ab, sagte Baerbock auf einer Pressekonferenz in Berlin. „Dabei geht es natürlich auch um die Frage, welche Konsequenzen nun auf den iranischen Angriff folgen werden“, sagte sie.


Israels Regierung wägt derzeit die Optionen ab. Ein Treffen des Kriegskabinetts am Sonntag endete ohne öffentlichen Beschluss. Israel hat zwei Möglichkeiten: entweder auf den Angriff zu reagieren oder nicht.


Dilemma: Der iranische Angriff habe kaum Schaden angerichtet, daher könne eine Reaktion auch einfach ausfallen, so geht das Argument der USA. Premierminister Benjamin Netanjahu weiß, und ein Telefonat am Sonntag wird kaum etwas anderes ergeben haben, dass US-Präsident Joe Biden einen großen Vergeltungsschlag nicht gutheißt. Gleichzeitig will Netanjahu reagieren, Israels nationale Sicherheit ist der Eckstein seiner Strategie zum Machterhalt.


Krisen sind Stunden der Diplomatie. Im besten Fall schafft sie es, Schlimmeres abzuwenden, und Deutschland versucht sich darin, trotz beschränkter Möglichkeiten in der Region – Israels Sicherheit ist Staatsräson. Baerbock leitete am Sonntagvormittag den Krisenstab im Auswärtigen Amt, live dabei war Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), das Innenministerium schickte Staatssekretär Hans-Georg Engelke. Ein „regionaler Flächenbrand“ hätte „unkalkulierbare Folgen“ warnte Baerbock auf der Pressekonferenz.


Wie der Kanzler es erfuhr: Die Nachricht des iranischen Angriffs auf Israel erreichte Scholz im Flugzeug, Flughöhe 11.900 Meter, über Kasachstan und über seinen Außenpolitik-Berater Jens Plötner, berichtet mein Kollege Daniel Brössler, der ihn begleitet. Scholz hat zwar einige Termine in der Millionenstadt Chongqing abgesagt, doch ein Abbruch der Reise steht nicht zur Debatte. Auch, weil Scholz mit dem chinesischen Staatschef Xi Jinping über genau diese Krise reden wird.


Zurück zur Lage in der Region: Indizien dafür, dass der Iran nicht die maximale Eskalation sucht, gibt es einige: Drei Tage vor dem Angriff habe Iran die Staaten in der Region gewarnt, heißt es vom Regime, damit auch Israel. Die pro-iranische Hisbollah-Miliz im Libanon hatte Israel zwar ebenfalls angegriffen, aber nicht mit allem, was verfügbar war; dasselbe gilt für die iranische Attacke selbst. Man habe sich bewusst für eine „Strafaktion“ entschieden, nicht für einen „massiven Angriff“, sagte der General Mohammad Bagheri.


Vor allem aber zeigte Teheran kein Interesse an einer Konfrontation mit den USA.


Welche Konsequenzen? Baerbock blieb die Antwort auf der Pressekonferenz schuldig. Vorstellbar wäre zum Beispiel, dass Israel zwar zurückschlägt, aber absichtlich keine konkreten Ziele trifft, oder Ziele wie die Drohnenfabrik, die das Kriegswerkzeug herstellt, das die Mullahs auch nach Russland exportieren. Die USA würden das vielleicht stillschweigend gutheißen, so die Überlegung in Sicherheitskreisen. Eine Option, die der Nahost-Experte Guido Steinberg bei Caren Miosga einbrachte, wäre ein Präventivschlag gegen die Hisbollah.

2.

Balanceakt des Kanzlers

Der Bundeskanzler weiß ja, dass er kritisiert werden wird. Dass Zitate in den Zeitungen auftauchen, wie in der SZ am Wochenende, als der grüne EU-Parlamentarier Reinhard Bütikofer fragte, ob das ein Besuch sei, der „europäische Entschlossenheit demonstriert oder deutsche Schwäche?“ (Spoiler: Bütikofer glaubt eher an die Schwäche, auf seinem Blog bemängelte er, die China-Strategie der Bundesregierung sei im Kanzleramt noch gar nicht richtig angekommen). CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen bezeichnete die Reise gar als „große Verkaufstour“, wegen der Wirtschaftsbosse, die Scholz mitgenommen hat.


Merkels Genosse: Die China-Politik, die der Kanzler betreibt, ist nach Ansicht seiner Kritikerinnen und Kritiker, beispielsweise Bütikofer, eine in der Tradition von Angela Merkel. Weniger De-Risking, schon gar kein De-Coupling, mehr Geschäfte. Zwar seien Abbau von Risiken und die Diversifizierung der Partner von zentraler Bedeutung, hieß es vor der Reise aus Regierungskreisen. Doch angesichts der Bedeutung des chinesischen Marktes könne man sich derer nicht verschließen. Die Abhängigkeit in kritischen Bereichen müsse aber angegangen werden.


Was auf dem Spiel steht: Menschenrechte, transatlantische Freundschaft, europäische Einigkeit. Und: Zum achten Mal in Folge war China im Jahr 2023 der wichtigste Handelspartner für Deutschland, das Statistische Bundesamt teilte mit, es seien laut vorläufigem Ergebnis Waren im Wert von 254,1 Milliarden Euro gehandelt worden. Größenabgleich: Laut Bundesfinanzministerium beliefen sich die Einnahmen des Bundes 2023 auf rund 392,2 Milliarden Euro.


Tagesprogramm: Heute will der Bundeskanzler in Shanghai den Standort von Covestro besuchen, ein Chemie-Unternehmen, das 2015 eigenständig gegründet wurde, aber aus dem Chemie- und Kunststoffsegment des Bayer-Konzerns stammt. Scholz will sich aber auch mit Studierenden treffen. Änderungen, selbstredend in diesen Zeiten, vorbehalten.

3.

Wissings riskante Provokation

Verkehrsminister Volker Wissing wollte warnen. Er ist dann aber ins Drohen abgeglitten. Ausgerechnet mit Fahrverboten. An zwei Tagen in der Woche. Für den FDP-Wähler, der landläufig als grillender SUV-Enthusiast beschrieben wird, wäre das eine Zumutung. Für den Rest der Republik auch, da braucht man sich nichts vorzumachen.


Was war da los? Die FDP traut ihren Wählern mehr politisches Taktikverständnis zu als diejenigen, die das Barbecue-Klischee verbreiten.


Die Grünen streiten: Die Bundesregierung hat bereits im Juni vergangenen Jahres eine Neufassung des Klimaschutzgesetzes vorgelegt, das die sogenannten Sektorenziele aufhebt. Statt CO₂-Einsparmaßnahmen in allen Teilbereichen soll künftig in einem mehrjährigen Rahmen die Gesamt-CO₂-Bilanz betrachtet werden. Das Kabinett hat den Entwurf verabschiedet, doch wie so oft – Heizungsgesetz, Kindergrundsicherung, Selbstbestimmungsgesetz, die Liste ist lang – hakt es im Bundestag.


„Zusätzliche Maßnahmen“: Es gibt Grüne, die das Gesetz für den falschen Weg halten. Die Berichterstatterin der Grünen-Fraktion ist Lisa Badum. In einem Blogbeitrag schrieb sie, sie wolle ein „besseres Klimaschutzgesetz“. Man müsse zur Klimazielerreichung über „zusätzliche Maßnahmen“ sprechen, und festlegen, wer dafür Verantwortung trägt, wenn die Sektorziele wegfallen. Unter dem Beitrag zitierte sie Bertolt Brecht: „Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.“


Fast schon Chefsache: Inzwischen verhandeln die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden das Gesetz, eine Einigung steht aus. Wissing fürchtet, ohne Gesetzesänderung 22 Millionen Tonnen CO₂ im Verkehrssektor ad hoc einsparen zu müssen. Er wolle nur Transparenz schaffen, sagte er im Deutschlandfunk. Von anderen Vorschlägen zur CO₂-Einsparung – whisper it: Tempolimit, Abschaffung des Dieselprivilegs – will Wissing aber nichts wissen. Daher die Drohung.

4.

Voigt übers TV-Duell

Mario Voigt ist zufrieden, der CDU-Mann aus Thüringen findet, er habe den AfD-Spitzenkandidaten Björn Höcke im TV-Duell am vergangenen Donnerstagabend gestellt. „Ich habe Höcke an Stellen wackeln sehen, das habe ich im Thüringer Landtag so noch nie erlebt“, sagte er in Berlin im Gespräch mit Journalisten. Es gab Mettbrötchen, „in Thüringen heißt das Gehacktes“. Gabriel Rinaldi war dabei.


Spontan umgedeutet: Der größte Erfolg aus Voigts Sicht war, dass Höcke den für die Neue Rechte zentralen Remigrationsbegriff umzudeuten versuchte. Im TV-Duell sagte er plötzlich, der Begriff bezeichne Deutsche, die aus dem Ausland heimkehrten. Zuvor hatte ihn die AfD auf Ausländer bezogen, die Deutschland verlassen sollen. „Dieses Manöver wird ihm in seiner Community auf lange Sicht schaden“, sagte Voigt. „Ich glaube, schon allein dafür hat sich das Duell gestern gelohnt, weil Höcke eine zentrale Denkstruktur der Neuen Rechten aus dem Fenster geworfen hat.“


Harte Debatte: Die Vorbereitung für das Duell bei Welt TV sei eine Teamaufgabe gewesen. Voigt selbst habe Höckes Buch gelesen, sein Team habe sich Zitate und das AfD-Europawahlprogramm angeschaut. „Ich habe mich zwei Tage lang sehr konzentriert darauf fokussiert, das durchzuspielen“, erzählte Voigt. Voigts Strategie, um die AfD zu besiegen: Probleme erfordern Lösungen, Wähler suchen Antworten. „Diese Antworten, die kann man nur in der harten Debatte sichtbar machen“, sagte Voigt.


Und die Atmosphäre vor Ort? „Wir haben danach Auf Wiedersehen gesagt, das war's.“

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Tiefgang

Vom gesellschaftlichen Frieden und Frauenrechten

Die Expertenkommission zu Reproduktionsmedizin empfiehlt, Abtreibungen zu legalisieren. Heute um 9 Uhr stellt sie ihren Bericht vor. Das Gremium findet, der Schwangerschaftsabbruch sei „in der Frühphase der Schwangerschaft – anders als bislang – rechtmäßig zu stellen“. Die derzeitige Regelung, die zu einer gesellschaftlichen Befriedung geführt hat, aber laut der Schwangerschaftsabbrüche nach wie vor rechtswidrig sind, entspreche nicht der Verfassung. Es bedürfe einer Regelung, die die „Rechtmäßigkeit und Straflosigkeit von Schwangerschaftsabbrüchen in der Frühphase sicherstellt“. Zuerst berichtete der Spiegel darüber, SZ Dossier liegt der Bericht vor.


Ein Kinderwunsch ist vielschichtig und ambivalent. Die Anwesenheit. Aber auch die Abwesenheit. Kaum etwas fühlt sich privater an, als die Entscheidung ein Kind zu bekommen oder keines zu wollen. Doch diese Entscheidung ist politisch. In Geschichten über Abtreibungen sind die Namen der Frauen oft anonymisiert, fotografiert werden sie von hinten, aus dem Fenster schauend, damit man nicht weiß, wer abgetrieben hat. Im Kommissionsbericht heißt es, der Gesetzgeber solle der Stigmatisierung entgegentreten.


Bislang sind Abtreibungen akzeptiert, so lange nicht darüber gesprochen wird, und so getan wird, als fänden sie nicht statt. 54 Prozent der Deutschen sind aber gegen eine Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen, das zeigte eine Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen im vergangenen Sommer. Die Gesellschaft kann mit der Regelung leben, so wie sie ist.


Die FDP auch. Warum schlafende Hunde wecken in einem Land, in dem sonst derzeit ziemlich laut gekläfft wird? Grüne und SPD sehen es anders. Sie finden, es entspricht nicht dem Selbstbestimmungsrecht der Frau, wenn Schwangerschaftsabbrüche im Strafgesetzbuch geregelt sind. Geht es nach vielen Frauen bei SPD und Grünen wird aus dem Bericht, dessen Deutlichkeit auch sie überrascht hat, eine Gesetzesänderung erwachsen.


Es bleibt ein Dilemma. Die Frage ist: Will man den schwierig gefundenen Kompromiss aufkündigen, um den gesellschaftlichen Frieden zu wahren – oder Frauenrechte stärken?


„Ein Lichtblick“ nannte Juso-Chef Philipp Türmer das Papier. Ihn treibe vor allem die schlechte Versorgung von ungewollt Schwangeren um, er forderte eine „flächendeckende und wohnortnahe Versorgung“.


Schwangerschaftsabbrüche müssten durch die Krankenkassen finanziert werden, sagte Türmer SZ Dossier. Dass die Kosten bisher oft selbst getragen werden müssen, weiß kaum jemand, der nicht betroffen ist oder sich beruflich mit dem Thema beschäftigt.


Doch auch Sozialdemokraten fürchten, dass das Thema zum Kulturkampf gebraucht werden könnte. Katja Mast, die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD, sagte beim parlamentarischen Frühstück in dieser Woche, all diejenigen, die die Debatte in den Neunzigerjahren miterlebt hätten, wüssten, wie hart sie damals geführt worden sei.


Die Union hat eine feste Meinung. „Grundüberflüssig“ sei die Diskussion laut dem Ersten Parlamentarischen Geschäftsführer Thorsten Frei. Setzt die Ampel die Empfehlungen der Kommission um, werde man klagen, teilte die Union mit. Ähnlich wie in den USA würde der Streit damit, wieder einmal, auf die juristische Ebene gehoben, weil er sich politisch nicht lösen lässt.


Die Christsozialen wurden noch deutlicher. „Unser Maßstab ist nicht die Lockerung, sondern der Lebensschutz mit seinen sehr guten Hilfs- und Beratungsangeboten für Frauen in Not“, sagte der rechtspolitische Sprecher Volker Ullrich. „Grundsätzlich legale Schwangerschaftsabbrüche kann es nicht geben – jedes Lebewesen hat seine Größe und ein Recht auf Leben“, sagte er.


Denkt man den Satz konsequent zu Ende, könnte auch ein schärferes Abtreibungsverbot drohen. Wie in einigen US-Bundesstaaten, etwa in Arizona. Frauen dürfen dort zum Beispiel erst abtreiben, wenn Lebensgefahr für sie besteht – das bedeutet auch, dass Ärztinnen und Ärzte nicht präventiv abtreiben dürfen, also warten müssen, bis der lebensbedrohliche Zustand eingetreten ist.


Einen Vorgeschmack auf die Debatten hierzulande liefert der Gesetzentwurf der Ampel zu den sogenannten Gehsteigbelästigungen. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt warnte vor einer Einschränkung der Meinungsfreiheit, wenn Abtreibungsgegner nicht mehr vor Beratungsstellen demonstrieren dürften. Während der Bundestagsdebatte kritisierte die Grünen-Abgeordnete Denise Loop: „Bis heute dürfen Frauen nicht alleine entscheiden, ob sie eine Schwangerschaft austragen oder nicht.“ Der CDU-MdB Hubert Hüppe rief dazwischen: „Eine Schwangerschaft austragen oder ein Kind austragen?“


Fast übersehen

5.

Pazifikdampfschifffahrtsgesellschaftskapitän: Auf der „Maritime Week“ in Singapur will sich Wissing für weniger Treibhausgase in der Schifffahrt einsetzen. Auf der Konferenz wird beispielsweise über den pazifischen Schiffskorridor zwischen Singapur und Kalifornien gesprochen, auf dem künftig CO₂-arme Schiffe fahren sollen.


Wandel voraus: Die Schifffahrt ist für den internationalen Handel enorm wichtig, 90 Prozent aller weltweit gehandelten Güter werden über Wasserwege transportiert. Wäre die Schifffahrt ein Staat, schreibt der Nabu, stünde er an sechster Stelle aller CO₂-Emittenten, noch vor Deutschland. Sämtliche Prognosen gingen von einer Zunahme des Schiffsverkehrs aus: Es braucht einen Wandel.


Wissings Einsatz fürs Grüne: „Die internationale Schifffahrt ist das Rückgrat des Welthandels“, sagte Wissing SZ Dossier. Störungen der Seeschifffahrt hätten „erheblichen Einfluss auf unseren Alltag“, die „sich verschärfende geopolitische Lage erfordert eine gemeinsame Antwort“. „Resilientere und klimafreundlichere globale Lieferketten können wir insbesondere im internationalen Seeverkehr nur im Zusammenspiel erreichen", sagte Wissing.

6.

Weltraum immer wichtiger: Vor sechs Monaten hat die Bundesregierung eine Strategie beschlossen, die der zunehmenden Bedeutung der Raumfahrt Rechnung tragen sollte. Was ist schon umgesetzt?


Strategische Autonomie der EU: Raumfahrttechnologien und weltraumgestützte Systeme sind zentral für Kommunikation, Navigation und Forschung. Die Strategie der Regierung hat vier Eckpfeiler: innovative Geschäftsmodelle mit Weltraumbezug, Kampf gegen den Klimawandel, im All gewonnene Daten und ein verantwortungsvoller Umgang mit Raumfahrtanwendungen. Das große Ziel: strategische Autonomie für die EU.


Stand der Dinge: Zu Jahresbeginn hat das Wirtschaftsministerium (BMWK) zur ersten großen Umsetzungsveranstaltung zur Erdbeobachtung eingeladen, berichtet Gabriel Rinaldi. Dabei beobachten Satelliten die Erde und vermessen sie. Zudem gibt es die zwei europäischen Programme Galileo und Copernicus, und die EU-Kommission plant das Programm IRIS², mit dem laut BMWK ein „sicheres weltraumgestütztes globales EU-Kommunikationssystem“ aufgebaut werden soll.


Was als Nächstes kommt: ein nationales Weltraumgesetz.

7.

Zukunft der Welt: „Mit Messer und Gabel stimmen wir dreimal täglich bei jeder Mahlzeit auch ein wenig über die Zukunft der Welt ab“, sagte Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) am Freitag bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), wo er für mehr Zusammenarbeit in der Ernährungspolitik warb. Ein Termin nach Özdemirs Geschmack, schließlich war er früher Außenpolitiker und glaubt man Gerüchten, wäre er gern Außenminister geworden.


Als ob es so einfach wäre: Das dürfe aber nicht den Eindruck erwecken, dass die Lösung für Welthunger und Klimaschutz auf einem einzelnen Teller liegt. „Es geht um systemische Veränderungen und nicht nur um individuelle“, sagte er. „Es geht nur gemeinsam oder gar nicht, wenn wir unser weltweites zusammenhängendes Agrar- und Ernährungssystem verändern wollen.“


Zur China-Reise: Auch während seiner eigenen China-Reise ab heute werde das ein Thema sein. „Wir wollen das fortschreiben und in eine neue Phase überführen“, sagte Özdemir über bestehende Kooperationen mit Beijing. „Wir können uns hier auf die Hinterfüße stellen. Wenn China einen anderen Weg einschlagen sollte, dann haben wir alle viel Spaß auf der Erde.“ Er sei zuversichtlich, bei der Reise erste Abkommen zu schließen, insbesondere im Nutztierbereich.


Wir fragen uns: Ist das De-Risking oder De-Coupling?

Zitat des Tages

In der Politik gehört taktische Finesse gelegentlich dazu.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst im FAS-Interview über das Leben als Politiker. Derzeit ist es ein angenehmes: Wüst ist seit gestern an der Westküste der USA unterwegs.

Zu guter Letzt

Bayer 04 Leverkusen ist vorzeitig Deutscher Meister geworden, zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik. Damit hat der Verein den „Vizekusen-Fluch“ hinter sich gelassen.


Fünf Mal ist die Mannschaft Zweiter geworden, in der Saison 2001/02 schafften sie – sehr bitter – das Vize-Triple: Bundesliga, DFB-Pokal und Champions League. Klingt fast wie die Karriere von Friedrich Merz bis 2023.


Mein Kollege Gabriel Rinaldi berichtete mir übrigens, dass die Bayer AG den Begriff „Vizekusen“ patentiert hat, angeblich, um Missbrauch zu vermeiden. „Meisterkusen“ ist schon seit 2020 nicht mehr geschützt.


Danke! Florian Eder für wertvollen Input, Gabriel Rinaldi für die Beiträge, Daniel Brössler auf Reisen und Michelle Ostwald in Sydney für Redigat und Produktion.

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Florian Eder

Leiter SZ Dossier

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Valerie Höhne

Leitende Redakteurin