Alles anders, alles neu – das war der Plan für die Zusammenarbeit in der neuen Regierung. Ein kürzerer Koalitionsvertrag sollte es werden, eine agilere Form des Regierens. Davon übrig geblieben ist vor allem das, was im letzten Kapitel des Koalitionsvertrags steht: ein Koalitionsausschuss, der monatlich tagt. Davon abgesehen liegt ein klassischer Koalitionsvertrag vor, auf 144 Seiten.
Monatliche Treffen: „Die Koalitionspartner treffen sich grundsätzlich monatlich zu Koalitionsgesprächen im Koalitionsausschuss. Darüber hinaus tritt der Koalitionsausschuss auf Wunsch eines Koalitionspartners zusammen“, heißt es im Papier. Er berät „Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung, die zwischen den Koalitionspartnern abgestimmt werden müssen“ – und führt in Konfliktfällen Konsens herbei. In Streitfällen soll dieser, anders als bei der Ampel, hinter verschlossenen Türen beigelegt werden, betonte Merz gestern.
Vor allem einer dürfte profitieren: Markus Söder. Er wird als Parteichef der CSU am Tisch sitzen. Auf die Frage, ob es einen oder zwei Vizekanzler geben wird, sagte er gestern, die CSU stelle nicht den Vizekanzler. „Aber Sie werden von mir hören“, fügte er hinzu. Eine Anspielung auf seine neue Rolle im Koalitionsausschuss, eine auf wirklicher Augenhöhe mit den anderen Parteichefs, wie ein Mitglied der CSU-Führung sagte.
Der Rest liest sich wie immer. Es wird festgehalten, dass die Koalitionsfraktionen einheitlich abstimmen. „Wechselnde Mehrheiten sind ausgeschlossen“, heißt es. Anträge, Gesetzesinitiativen und Anfragen auf Fraktionsebene sollen gemeinsam oder „im Ausnahmefall“ im gegenseitigen Einvernehmen eingebracht werden. Im Kabinett soll bei Entscheidungen kein Koalitionspartner überstimmt werden.
Enthalten ist auch eine Anti-AfD-Klausel. Die demokratischen Parteien der politischen Mitte trügen demnach eine besondere Verantwortung für den Schutz und die Stärkung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Dann heißt es: „Die Koalitionspartner schließen auf allen politischen Ebenen jede Zusammenarbeit mit verfassungsfeindlichen, demokratiefeindlichen und rechtsextremen Parteien aus.“ Das betreffe im Parlament gemeinsame Anträge, Wahlabsprachen und sonstige Formen der Zusammenarbeit.
Zum Wahlrecht: Eine Wahlrechtskommission soll die Wahlrechtsreform evaluieren und noch in diesem Jahr vorschlagen, wie jeder Bewerber mit Erststimmenmehrheit in den Bundestag einziehen und das Parlament trotzdem bei seiner aktuellen Größe verbleiben kann. Dabei soll auch geprüft werden, wie die gleichberechtigte Repräsentanz von Frauen im Parlament gewährleistet werden kann – und ob Menschen ab 16 Jahren an der Wahl teilnehmen sollten.