In der Finanzpolitik hat für die neue Koalition die Entlastung der Unternehmen Vorrang vor der Entlastung aller Steuerzahler. Kurzfristig soll eine auf 30 Prozent erhöhte degressive Abschreibung auf Ausrüstungsinvestitionen einen „Investitions-Booster“ auslösen. Sie gilt rückwirkend ab 1. Januar 2025 und für drei Jahre. Danach wird die Körperschaftsteuer schrittweise gesenkt, um jeweils einen Prozentpunkt. Ein Punkt bedeutet laut Stefan Bach vom DIW Einnahmeausfälle von etwa vier Milliarden Euro. Für Personenunternehmen soll es leichter werden, den günstigeren Steuersatz bei der Körperschaftsteuer im Gegensatz zur Einkommensteuer anzuwenden.
Es gibt kein Klimageld: Dazu kommen für die Wirtschaft noch Entlastungen bei der Stromsteuer und der versprochene Bürokratieabbau. Da der auch von Firmen zu zahlende Solidaritätszuschlag bleibt, sind die Entlastungen deutlich geringer als noch vergangene Woche von den großen Verbänden gefordert. Die Entlastung der Unternehmen komme deutlich später als notwendig, kritisierte der Bundesverband der Deutschen Industrie. Den normalen Lohn- und Einkommensteuerzahlern verspricht die Koalition eine Reform zur Mitte der Wahlperiode, legt sich aber auf keine Größenordnung fest. Ein Klimageld für alle Bürger, mit dem die steigenden CO₂-Abgaben zurückgegeben werden, wird es nicht geben. Die Einnahmen würden durch die niedrigere Stromsteuer und Klimainvestitionen den Bürgern zugutekommen.
Ein Haufen roter Linien: Einen größeren Wurf erschwert hat nicht nur die angespannte Haushaltslage. Vor allem die verschiedenen roten Linien der Verhandlerinnen und Verhandler haben ein größeres Paket verhindert. Die Union wollte um keinen Preis Steuererhöhungen, die stärkere Senkungen an anderer Stelle hätten finanzieren können, auch der Abbau von Subventionen etwa für Dienstwagen oder Diesel fällt offenbar in diese Kategorie. Die SPD stemmte sich gegen Einsparungen bei der Rente, die den Anstieg der Lohnnebenkosten hätte stoppen können. Und die CSU verringerte mit ihren schon im Sondierungspapier durchgesetzten Forderungen nach Ausweitung der Mütterrente, Mehrwertsteuersenkung für die Gastronomie, steuerfreiem Agrardiesel und höherer Pendlerpauschale den Spielraum weiter.
Das liebe Sondervermögen: Die ständige Rücksprache der Koalitionäre mit dem amtierenden Finanzminister Jörg Kukies hat dazu geführt, dass die Aufstellung des Haushalts 2025 und die Finanzplanung ohne allzu große Schwierigkeiten möglich sein dürfte. Wo möglich, soll gespart werden, beim Bürgergeld, aber auch etwa bei der Entwicklungszusammenarbeit. Die Kunst wird darin bestehen, das neue Sondervermögen effektiv auszugeben, damit die optimistische Annahme, dass jeder aus den neuen Schulden finanzierte Euro drei Euro zusätzliche Wirtschaftsleistung schafft, auch aufgeht. Aber die Gefahr besteht, dass ohnehin fällige Ausgaben aus den 500 Milliarden bezahlt werden. So ist etwa jetzt schon geplant, wegen der Krankenhausreform nötige Investitionen in die Krankenhäuser aus dem Infrastruktur-Topf zu bezahlen, einschließlich einer Finanzierungslücke, die sich seit 2023 aufgetan hat.