von Florian Eder, Tim Frehler, Elena Müller und Gabriel Rinaldi
Diese Meldung stammt aus dem folgenden Briefing des Dossiers Platz der Republik:
Es müsste ja konkret werden, sollten die Unionsparteien die Worte ihres Kanzlerkandidaten ernst meinen, wonach auch Sparer Gelegenheit und Möglichkeit bekommen sollen, in die großen Infrastrukturaufgaben der kommenden Jahre anzulegen. Schauen wir uns diese Frage einmal an.
Via EU bietet sich ein Weg dafür an: Die EU-Kommission hat diese Woche Pläne für eine „Spar- und Investitionsunion“ vorgestellt (bislang sagte man: Kapitalmarktunion). Die Euro-Länder machten bei ihrem Treffen auf dem EU-Gipfel gestern in der Abschlusserklärung Tempo und wollen „schnelle und entscheidende Schritte“ in Richtung einer stärkeren Beteiligung von Kleinanlegern an den Kapitalmärkten, „um Ersparnisse zu mobilisieren und zur Finanzierung notwendiger Investitionen zur Förderung der EU-Wettbewerbsfähigkeit“.
So ist die Lage: Gerade in Deutschland liegt viel Geld entweder auf Girokonten und Sparbüchern – oder geht in den US-Aktienmarkt. Das Geld europäischer Sparer stärker zu nutzen, um für EU-Zwecke zu unterstützen, ist ein Anliegen nicht zuletzt der beiden Reformbeauftragten Mario Draghi und Enrico Letta. Es passt auch in die mit der Ampel zunächst untergegangene deutsche Debatte um eine kapitalgedeckte zusätzliche Säule der Rentenversicherung; es wäre ja seltsam, wenn es dafür keine Anlagemöglichkeiten in Europa gäbe.
Berliner Verhältnisse: Das Berliner Jacques Delors Centre hat eine kurze Handreichung dazu verfasst, „wie man die Kapitalflucht stoppt und europäische Unternehmen mit europäischen Ersparnissen finanziert“, so heißt es – in der Hoffnung, dass das Thema in den Koalitionsverhandlungen nicht hintenüber fällt. Die Gefahr ist ja nicht gering, dass Merz auch bei diesem Thema erneut eine Halse hinlegt, Überzeugungen hin oder her: Die Union ist bevorzugte Beute von Sparkassenlobbyisten, die das Girokonto sehr gerne mögen. Die SPD misstraut dem Markt, speziell, wenn sie den Anschein erwecken kann, die umlagefinanzierte Rente sei sicher.
Berliner Bankenunions-Blockade: „Um die Brücke zu schlagen zwischen Ersparnissen und den notwendigen Investitionen in Verteidigung, Klimaschutz und Innovationen, hat Deutschland zwei Hebel“, sagte Johannes Lindner SZ Dossier, der Chef des Jacques Delors Centre.
Er hofft darauf, dass die Verhandler des Europa-Kapitels das Thema offensiv angehen und das bisherige Zögern bei tieferer Integration der Banken- und Kapitalmärkte beenden. „Die neue Bundesregierung kann nationale Politiken anpassen – und sie sollte eine größere Führungsrolle übernehmen in Europa“, sagte Lindner. „Das bedeutet, sie muss bereit sein, in den Verhandlungen über die Banken- und die Kapitalmarktunion auch bisherige rote Linien zu überspringen.“