von Elena Müller, Peter Ehrlich, Tim Frehler und Gabriel Rinaldi
Diese Meldung stammt aus dem folgenden Briefing des Dossiers Platz der Republik:
Die Diskussion um eine mögliche Grundgesetzänderung noch durch den alten Bundestag ist gestern übersichtlicher geworden: Wenn die Verfassung kurzfristig geändert wird, wird es aus Sicht der CDU nicht um die Schuldenbremse nach Artikel 115 gehen, sondern um das „Sondervermögen“ der Bundeswehr in Artikel 87a. Die spezielle Ermächtigung, bis zu 100 Milliarden zusätzlicher Kredite für die Verteidigung aufzunehmen, war nach Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine 2022 eingeführt worden. Die Zahl könnte nun auf 200 oder 250 Milliarden erhöht werden.
Keine Grundsatzreform: Nachdem es auch in den eigenen Reihen Zweifel an einer Reform der Schuldenbremse gegeben hatte, stellte CDU-Chef Friedrich Merz klar, dass es kurzfristig nicht um eine Grundsatzreform gehen kann. Erstens müsse es beim Prinzip der Schuldenbremse bleiben, zweitens erfordere eine Reform „umfangreiche Vorarbeiten“. Überlegungen zum Sondervermögen wolle er dagegen weder bestätigen noch dementieren. Unions-PGF Thorsten Frei sagte, beim Thema Verteidigung und Bundeswehr könne es zusätzliche Lasten geben, auf die man eventuell reagieren müsse.
Rot-Grüne Verwunderung: Bei SPD und Grünen, die für eine Blitzänderung des Grundgesetzes in den drei Wochen vor Ablauf der alten Wahlperiode gebraucht würden, zeigt man sich vor allem über die Form der Diskussion verwundert. Er habe Merz immer wieder eine Reform der Schuldenbremse angeboten, sagte der scheidende SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich, deshalb wundere er sich über den Schwenk nach der Wahl. „So kann man mit einem Land nicht umgehen.“ Die SPD sei im Prinzip „zu allem bereit“, aber „nicht zu etwas, was nicht durchdacht ist“.
Mehr als Verteidigung: „Wir sind absolut bereit, für die Sicherheit unseres Landes das Richtige zu tun“, sagte Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge gestern. Den Grünen geht es dabei aber um mehr als um Verteidigung: In den Bereichen Bildung, Klimaschutz, Infrastruktur und Wirtschaft gebe es schließlich auch Handlungsbedarf. Ohnehin, sagte Dröge, wäre es der „saubere Vorschlag“, die Schuldenbremse so zu reformieren, indem man Investitionen aus ihrem Anwendungsbereich herausnehme. „Alles immer über Sondervermögen zu lösen, ist doch am Ende eine unehrliche Diskussion“, sagte sie.
Kassensturz: Gefragt, warum er den Unions-Wahlkampfschlager Schuldenbremse zumindest relativiere, verwies Merz darauf, dass er schon „vor Monaten“ seine Diskussionsbereitschaft erklärt habe. Und dann kündigte Merz noch einen „Kassensturz“ an, um zu wissen, auf welcher Grundlage man den Bundeshaushalt 2025 und die Haushalte 2026 und 2027 gestalten könne. Ein solcher Kassensturz ergibt eigentlich immer, dass nicht genug Geld da ist für alle Ankündigungen im Wahlprogramm. Umso reizvoller also der Gedanke, die wohl unvermeidbare Erhöhung der Rüstungsausgaben über ein aufgestocktes Sondervermögen zu finanzieren.