von Gabriel Rinaldi, Selina Bettendorf, Tim Frehler und Elena Müller
Diese Meldung stammt aus dem folgenden Briefing des Dossiers Platz der Republik:
Die Affäre Gelbhaar zieht weitere personelle Konsequenzen bei den Grünen nach sich. Özcan Mutlu, ehemals Abgeordneter im Bundestag und im Berliner Abgeordnetenhaus, ist aus der Partei ausgetreten. „Intrigen, Machtspiele und eine eklatante Fehlerkultur haben Bündnis 90/Die Grünen zu einer Organisation gemacht, die meine Überzeugungen und Werte nicht länger repräsentiert“, schrieb er in einem offenen Brief an die Parteivorsitzenden Franziska Brantner und Felix Banaszak.
Schwere Vorwürfe: In dem Brief, den die Berliner Zeitung in Gänze veröffentlicht hat, schreibt Mutlu: „Für eine Partei, die sich sonst moralisch über andere erhebt, ist es geradezu heuchlerisch und beschämend, einen Abgeordneten mit falschen Anschuldigungen derart skrupellos kaltzustellen.“ Die aktuellen Geschehnisse rund um Stefan Gelbhaar seien ein erschreckendes Beispiel für die toxischen Machtstrukturen bei den Berliner Grünen. Sieben Frauen halten Vorwürfe gegen Gelbhaar, die sie bei der Ombudsstelle eingereicht haben, allerdings aufrecht.
Gratwanderung: Robert Habeck, Kanzlerkandidat der Grünen, sprach beim Energiegipfel des Handelsblatts gestern mit Blick auf den Fall Gelbhaar von einem „schlimmen und schockierenden Vorgang“. Er sieht den Schaden allerdings nicht nur bei seiner Partei, sondern darüber hinaus: Frauen bräuchten einen Raum, in dem sie Belästigungsvorwürfe ansprechen könnten. Dieser gesellschaftliche Fortschritt werde jetzt „quasi kaputtgemacht“, sagte Habeck. Das alles sei ein Vorgang, der wahrscheinlich mehr mit Deutschland als mit dem Wahlkampf der Grünen machen werde.
Einstweilige Verfügung: Gelbhaar selbst veröffentlichte gestern ein Statement seiner Rechtsanwälte. Demnach hat das Landgericht Hamburg dem rbb per einstweiliger Verfügung verboten, bestimmte Vorwürfe gegen Gelbhaar weiterzuverbreiten. „Damit sind alle vier Kernvorwürfe vom Tisch“, heißt es in der Mitteilung. Gelbhaar habe weder „eine Frau auf und / oder am Rande einer Veranstaltung gegen ihren Willen festgehalten und geküsst, noch hat er eine Frau nach einer Parteiveranstaltung gegen ihren Willen unsittlich berührt und darüber hinaus hat er auch keine Frau im Rahmen der Parteiarbeit bei mehreren Begegnungen gegen ihren Willen am Arm gestreichelt und sodann am unteren Rücken angefasst“. Heute tagt der Programmausschuss des rbb-Rundfunkrats zur Berichterstattung im Fall Gelbhaar.