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Meldung

Regieren ohne Mehrheit

Diese Meldung stammt aus dem folgenden Briefing des Dossiers Platz der Republik:

Das Bundeskabinett hat gestern den Entwurf des Gewalthilfegesetzes beschlossen. „Deutschland hat ein Gewaltproblem gegen Frauen und mit diesem Gesetz können wir die Gewalt bekämpfen“, sagte Familienministerin Lisa Paus (Grüne). Opfer geschlechtsspezifischer oder häuslicher Gewalt sollen dadurch einen Rechtsanspruch auf kostenlosen Schutz und Beratung erhalten. Die Bundesländer sollen verpflichtet werden, sowohl ausreichend Plätze in Frauenhäusern als auch genügend Beratungsangebote zur Verfügung zu stellen. Laut Gesetzentwurf überlässt der Bund den Ländern dafür bis 2036 Steuereinnahmen in Höhe von knapp 2,6 Milliarden Euro.

Zum Scheitern verurteilt: Der Entwurf soll nun zügig in das parlamentarische Verfahren gehen. Hoffnungen auf die Unterstützung der Union braucht sich die Bundesregierung allerdings nicht zu machen. Silvia Breher (CDU), familienpolitische Sprecherin im Bundestag, hatte zwar am Montag im Deutschlandfunk gesagt: „Wir wollen das Gesetz unbedingt.“ Der Gesetzentwurf, den Ministerin Paus nun vorgelegt habe, sei allerdings „lückenhaft und nicht beschlussreif“, sagte Breher SZ Dossier. Er gebe auch keine Antwort auf die Frage, wie Frauen unmittelbar vor Gewalt geschützt werden könnten. „Der Rechtsanspruch soll erst 2030 in Kraft treten“, sagte Breher. „Wenn wir an der Situation umgehend etwas ändern wollen, brauchen wir entsprechende Maßnahmen.“ Die Union fordere daher einen Nationalen Aktionsplan, der das Thema ganzheitlich betrachtet.

Ab in den Wahlkampf: Befürchtungen darüber, dass sich an der Situation gewaltbetroffener Frauen nun auf längere Zeit nichts ändere, entgegnete Breher: „Wenn wir unseren Vorschlag in der nächsten Legislaturperiode beschließen, würde sich für die Betroffenen die Situation schneller verbessern.“ Außerdem sei es die Bundesregierung selbst, die das Thema zum Wahlkampfthema mache. „Es wäre die Aufgabe der Bundesfrauenministerin gewesen, sich für das Vorhaben innerhalb der Bundesregierung einzusetzen und einen gangbaren Weg zu finden“, sagte Breher.

Und jetzt Stillstand? Ein ähnliches Schicksal wie dem Gewalthilfegesetz droht dem Tariftreuegesetz, welches das Kabinett gestern ebenfalls beschlossen hat und sowohl Unionspolitiker als auch Vertreterinnen und Vertreter der FDP kritisch sehen. Geeinigt hat sich die Bundesregierung auch auf den Standort für ein NSU-Dokumentationszentrum: Berlin soll es sein. Doch auch dafür brauchen SPD und Grüne noch eine Mehrheit im Bundestag.

Regieren ohne Mehrheit (Meldung) | SZ Dossier