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Meldung

Europa macht sich an die Arbeit

Ein knappes halbes Jahr nach der Europawahl ist die EU ab Montag wieder voll arbeitsfähig. Nachdem das Europäische Parlament in Straßburg gestern Mittag die von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vorgeschlagenen Kommissare gebilligt hat, will die neue Kommission schnell starten und in den ersten hundert Tagen – also bis Anfang März – die ersten Gesetzesinitiativen vorlegen. Von der Leyen und dem Chef der größten Fraktion, Manfred Weber, (CSU/EVP) gelang es, alle 26 Kommissare durchzubringen – allerdings um den Preis einer nur mäßigen Mehrheit (370 von 688 Stimmen). Wie die Stimmung in Straßburg war, berichtet SZ-Kollege Jan Diesteldorf.

It's the economy, stupid: Die Schwerpunkte der neuen EU-Kommission liegen auf der Wirtschaft. Während ihrer Amtszeit will sich von der Leyen von einem „Wettbewerbs-Kompass“ leiten lassen, der auf der Analyse des früheren EZB-Chefs Mario Draghi basiert. Die drei Hauptthemen: Erstens: Die Innovationslücke zu den USA und China schließen. Zweitens: Dekarbonisierung und Wettbewerbsfähigkeit. Drittens: weniger Abhängigkeit vom Ausland und höhere Sicherheit. Als einen der ersten Schritte will die Kommission ihren Green Industrial Deal vorstellen, der den Green Deal der vergangenen fünf Jahre ergänzen, aber nicht ersetzen soll.

Chefsache Auto: Um die Autoindustrie mit ihren Millionen Arbeitsplätzen will sich von der Leyen persönlich kümmern. Schon bald will sie zu einem strategischen Dialog einladen. Damit vermeidet sie, entweder der für den ökologischen Umbau zuständigen sozialdemokratischen Vizepräsidentin Teresa Ribera oder dem für Reformen zuständigen Vize Raffaele Fitto aus der rechten Meloni-Partei die Federführung zu geben. Für die ersten hundert Tage verspricht die Kommission auch ein umfassendes Gesetz zum Bürokratieabbau und einen Plan zur Zukunft der europäischen Verteidigung.

Überall Abweichler: In der rechten ECR stimmten die Meloni-Anhänger für die Kommission, in der sich mit Fitto erstmals einer der ihren findet, der große Rest dagegen. Die spanischen Konservativen verweigerten sich dem EVP-Konsens und stimmten mit Nein, weil sie die sozialdemokratische Vizepräsidentin Ribera ablehnen. Und das, obwohl der ebenfalls sozialdemokratische spanische Regierungschef Pedro Sánchez die generell skeptischen Sozialdemokraten erst auf Linie gebracht und damit den Deal ermöglicht hat.

Und die Deutschen? In der SPD stimmten die meisten Abgeordneten gegen die Kommission, die Grünen hingegen wie CDU/CSU und FDP dafür. Die grünen Abgeordneten werden dabei vom Bundesvorstand unterstützt. „Entscheidend für die Grünen war, dass im Arbeitsprogramm der Kommission ausreichend grüne Politik enthalten ist. Der Green Deal wird nicht abgewickelt. Das ist auch im Interesse der deutschen Industrie“, sagte der stellvertretende Bundesvorsitzende der Grünen, Sven Giegold, SZ Dossier. Wer wie die SPD nicht akzeptiere, dass in der EU jeder geben und nehmen müsse, „der hat Europa nicht verstanden“, sagte Giegold in Richtung der Sozialdemokraten.