Als Nouripour und Lang ihre Entscheidung verkündeten, saß die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD, Katja Mast, beim Pressefrühstück. Eine „Destabilität für den Bund abzuleiten“, erschließe sich aus der Ankündigung „nicht zwangsläufig“, sagte sie. Das klang bei Regierungssprecher Steffen Hebestreit wenige Stunden später schon sortierter. Der Rücktritt habe „keinerlei Auswirkungen auf die Koalition“, sagte er.
Ist das so? CSU-Chef und bayerischer Ministerpräsident Markus Söder forderte Habeck zum Rücktritt auf, CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann Neuwahlen. Die Opposition möchte aus der Ankündigung von Nouripour und Lang die Schwäche der Ampel ableiten. Aber auch in der Koalition wettet außerhalb des Kanzleramts kaum jemand mehr darauf, dass die Regierung hält.
Der Unmut der SPD ist spürbar: In den vergangenen Tagen hat sich vor allem die SPD mit Forderungen an die eigene Regierung hervorgetan. Am 12. Oktober treffen sich alle Unterbezirksvorsitzenden zu einer Aussprache mit Olaf Scholz, dann kommt der Vorstand zur Klausur zusammen. Wiebke Esdar, eine der Sprecherinnen der Parlamentarischen Linken, sagte, sie gehe davon aus, dass dort auch inhaltliche Schwerpunkte für den Bundestagswahlkampf gesetzt würden. Aus Sicht der Parlamentarischen Linken ist die Industriepolitik das drängendste Thema. Im Bereich der Elektromobilität brauche es Anreize, eine Wiederauflage der Umweltprämie, genannt Abwrackprämie, wären eine Möglichkeit, sagte PL-Sprecher Matthias Miersch, zum Beispiel gekoppelt an den Kaufpreis des Autos. Alles Forderungen, die mit der FDP wohl nicht umsetzbar sind.
Vorzeichen für das Ende der Ampel: Es wirkt, als gebe es mehr gemeinsame Vorhaben, an denen die Ampel zerbrechen könnte, als dass sie den Jahreswechsel übersteht. Das Rentenpaket hat die SPD schon zur roten Linie erklärt, das Tariftreuegesetz wollen sie durchsetzen, die Intel-Milliarden, die nun kurzfristig nicht gebraucht werden, nicht komplett in den Haushalt überführen. Sie sollten „zumindest teilweise noch dem Ziel der Förderung von Zukunftstechnologien dienen“, sagte die sachsen-anhaltinische Abgeordnete Franziska Kersten (SPD) SZ Dossier. Die Liberalen lehnen das ab. „Wir fordern von Intel eine abgestimmte Strategie für die Überbrückung der nächsten zwei Jahre, bis zur endgültigen Entscheidung“, sagte sie. Gestern trafen sich Scholz, Habeck und Bundesfinanzminister Christian Lindner, um darüber zu beraten.