von Florian Eder, Tim Frehler, Valerie Höhne und Gabriel Rinaldi
Diese Meldung stammt aus dem folgenden Briefing des Dossiers Platz der Republik:
Um 18 Uhr herrscht auf der Wahlparty der AfD kurz Verwirrung: Die ersten Zahlen sind noch nicht zu sehen. „Technik, können wir auf ZDF umstellen?“, sagte einer über die Lautsprecher. So weit geht die Neugier dann nicht, und wenige Augenblicke später fahren auch beim präferierten Welt TV die Balken in die Höhe. Der blaue der AfD landet bei 29 Prozent, bis zum Ende wird er auf 29,2 Prozent steigen.
Vergleichsgrößen: Damit liegt die AfD leicht über den Werten, auf die sie zuletzt in Umfragen kam, und über ihrem Brandenburger Ergebnis bei der Europawahl. Allerdings ist Enttäuschung darüber zu spüren, dass die Partei nicht stärkste Kraft geworden ist, anders als in Thüringen. Dort verfügt sie zudem über eine Sperrminorität im Landtag und kann wichtige Entscheidungen blockieren. In Brandenburg zeichnet sich das ebenfalls ab. Die AfD gewinnt an Einfluss, auch ohne die Aussicht auf eine Regierungsbeteiligung.
Nächste Züge: Was sind die guten Wahlergebnisse wert? Sebastian Münzenmaier, ein einflussreicher Bundestagsabgeordneter, sagte, man werde nun sehen, „wie weit wir die CDU vor uns hertreiben können“. Außerdem versuche man, „die anderen dazu zu zwingen, immer unmöglichere Koalitionen einzugehen“. Das Kalkül: Wenn die Bündnisse immer heterogener und instabiler werden, fällt den etablierten Parteien das Regieren immer schwerer. Das sorgt für Frust in der Bevölkerung, von dem am Ende die AfD profitiert.
Go West, aber wie? Hannes Gnauck, Chef der Jungen Alternative (JA), sagte, es müsse nun auch darum gehen, die Jugendarbeit weiterzuentwickeln, mehr Frauen und mehr Menschen aus der zweiten und dritten Einwanderergeneration anzusprechen. Peter Boehringer, stellvertretender Bundessprecher der AfD, sagte „man muss im Westen und im Osten unterschiedliche Wahlkämpfe machen, weil die Zielgruppen unterschiedlich sind“. Stefan Keuter, Bundestagsabgeordneter aus Essen, ist allerdings sicher, „dass wir einen klareren und aggressiveren Bundestagswahlkampf auch im Westen machen werden“.
Aggressiv und radikal im Ton gaben sich in Potsdam bereits die Vertreter der JA: Kurz nach der ersten Prognose sangen sie: „Hey, jetzt geht’s ab. Wir schieben sie alle ab“, auf eine umfunktionierte Version des Partyhits „Das geht ab“ der Band Die Atzen. Dazu hielten sie ein Schild in die Höhe, auf dem in Großbuchstaben stand: „Millionenfach abschieben!“. Die Brandenburger Polizei schrieb auf X, sie prüfe den Sachverhalt.