von Felix Kartte, Tim Frehler, Christina Brause und Benjamin Läpple
Diese Meldung stammt aus dem folgenden Briefing des Dossiers Schattenspieler:
Dass wir uns an extreme Positionen gewöhnen: Dazu leistet auch Elon Musk einen Beitrag. „Die politischen Positionen der AfD, von denen ich gelesen habe, klingen nicht extremistisch“, schrieb er am Tag der Europawahl auf seiner eigenen Plattform X. Schon zuvor hatte er AfD-Positionen zu Extra-Reichweite verholfen. Einmal etwa, als er Inhalte teilte, die scharfe Kritik an der deutschen Seenotrettung im Mittelmeer übten. Ein andermal kommentierte er einen Beitrag des rechtsextremen AfD-Politikers Björn Höcke. Kritik hatte Musk sich auch eingefangen, als er nach Übernahme von X (vormals Twitter), die Sperrungen zahlreicher extremistischer Accounts aufhob – auch die Reichweite russischer Propaganda-Accounts vervielfachte sich unter seiner Führung.
Fast forward: Die EU-Kommission führt seit einiger Zeit gesetzliche Aufsicht über Tech-Konzerne, hat schon im Dezember ein Verfahren gegen X wegen der Verbreitung von Desinformation und strafbarer Inhalte eingeleitet. Das EU-Gesetz, der Digital Services Act, könnte bald noch im Zentrum geopolitischer Spannungen stehen, zumindest wenn Donald Trump die US-Präsidentschaftswahl im Herbst gewinnen sollte.
Berater Musk? Denn Trump selbst, dessen eigene Social-Media-Accounts in der Vergangenheit schon gesperrt wurden, wird kein Freund der neuen europäischen Plattformregulierung sein. Bekannt wurde zuletzt außerdem, dass Musk im Weißen Haus eine offizielle Rolle als Trump-Berater übernehmen könnte. So zitierte das Wall Street Journal das Umfeld der beiden Männer.
Reine Spekulation: Unklar ist, ob ein Gespann Trump-Musk Erfolg damit hätte, Druck auszuüben auf die EU, um die eigenen Regeln für den US-Konzern X aufzuweichen. Die Vorsitzende des Digitalausschusses im Bundestag, Tabea Rößner von den Grünen, jedenfalls findet, dass die EU-Kommission möglichem politischem Druck standhalten müsse. „Die Maßnahmen gegen X müssen konsequent weitergeführt und bei weiteren Verstößen ausgeweitet werden – unabhängig vom Ausgang der US-Wahl. An der Durchsetzung des Rechts auf Plattformen wie X bemisst sich heute letztlich auch die Stärke von Demokratie und Rechtsstaat“, sagte sie SZ Dossier.
Auch sonst sieht die Digitalpolitikerin eine mögliche Zusammenarbeit zwischen Trump und Musk kritisch: „Die Konzentration von Macht und Einfluss und die Möglichkeit zur algorithmischen Manipulation bedeutet immer eine Gefahr für den demokratischen Diskurs und den freiheitlichen Meinungsbildungsprozess“, sagte Rößner. Zu befürchten wäre außerdem, dass die Plattform X in diesem Fall mehr als schon jetzt zu Propagandazwecken missbraucht würde. „All dies würde den Regelungen des DSA widersprechen. X ist danach verpflichtet, systemische Risiken, die mit gezielter Manipulation, Hasskriminalität und unzureichender Inhaltemoderation zusammenhängen, zu mindern und Sicherungsmechanismen wieder aufzubauen“, sagte uns Rößner.
Das wird X: Dass Propaganda und Desinformation auf X auch in Deutschland ein massives Ausmaß angenommen haben, belegt unsere Datenanalyse. Benjamin Läpple hat sich eine Werbekampagne angesehen, die das Portal Epoch Times – das für propagandistische und rechtspopulistische Inhalte bekannt ist – seit einiger Zeit auf der Plattform fährt. Seit Jahresbeginn hat Epoch Times mehr als 358 Anzeigen auf X veröffentlicht und damit mehr als 61 Millionen Views und knapp 100.000 Likes erzielt.
Verschwörungserzählungen: Einzelne Anzeigen, die auch im Vorfeld der Europawahl ausgespielt wurden, leugnen den menschengemachten Klimawandel, andere verbreiten Verschwörungserzählungen wie den „Great Reset“, der angeblich vom WEF geplant werde.