Regierungssprecher Steffen Hebestreit blieb gestern so vage wie Kanzler Olaf Scholz (SPD) vorgestern. Der französische Präsident Emmanuel Macron war klar, genau wie Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Sie sagen, es soll der Ukraine erlaubt sein, sich an der Front auch auf russischem Territorium zu verteidigen. Ob das für den Kanzler auch gelte, wurde Hebestreit bei der Regierungspressekonferenz gefragt. Es seien „vertrauliche Vereinbarungen“, sagte Hebestreit.
Die große Frage bleibt für den Moment unbeantwortet: Der Kanzler aber habe ja dargelegt, dass sie sich bewährt hätten und man „daran auch nichts ändern müsse“. Scholz hatte auf das Völkerrecht hingewiesen – recht uneindeutig in diesem Fall, denn laut Völkerrecht darf die Ukraine, da sind sich die Völkerrechtler weitgehend einig, russisches Territorium angreifen. Doch auch mit westlichen Waffen? Kein Ja des Kanzlers, aber eben auch kein Nein.
Währenddessen, in Mecklenburg-Vorpommern: Für die Ukraine ist diese Frage von immenser Wichtigkeit. Die Großstadt Charkiw liegt direkt an der Grenze. Um sie vor Luftangriffen wirksam zu schützen, muss die Ukraine laut Beobachtern Waffen auf russischem Territorium einsetzen. Eine der wirksamsten Systeme ist Patriot. Meine Kollegin Sina-Maria Schweikle war gestern mit Verteidigungsminister Boris Pistorius auf einem Truppenübungsplatz in Mecklenburg-Vorpommern, wo ukrainische Soldaten den Umgang mit dem System innerhalb weniger Wochen von deutschen Ausbildern lernen.
Pistorius will Strategiefragen nicht öffentlich besprechen: Tut der Westen genug für die Ukraine? „Ich denke, er tut, was er kann. Natürlich würde ich mir wünschen, dass diese Hilfe schneller kommt, damit wir gewinnen“, sagte der ukrainische Kompaniechef, dessen Name aus Sicherheitsgründen geheim bleiben muss. Zum Einsatz westlicher Waffen auf russischem Gebiet sagte Pistorius, man solle darüber nicht öffentlich diskutieren. „Ich glaube nicht, dass der Kreml uns offenlegt, wozu er bereit ist, an welcher Stelle welche Waffen einzusetzen“, sagte er.