von Valerie Höhne, Gabriel Rinaldi und Tim Frehler
Diese Meldung stammt aus dem folgenden Briefing des Dossiers Platz der Republik:
„Die Menschen in Charkiw leiden unheimlich“, doch sie müssten wissen: Die USA stehe mit ihnen, ein großer Teil der Welt stehe mit ihnen, versicherte US-Außenminister Antony Blinken. So weit, so erwartbar. Eher unerwartet war das Setting, in dem Blinken auftrat: Der Außenminister stand in einer Bar in Kyiv, hielt eine Gitarre in der Hand und sang „Keep on rockin' in the free world“. Nach dem monatelangen Kampf um ein amerikanisches Hilfspaket war Blinkens Auftritt ein Zeichen an die Ukraine. Doch das Land steht unter Druck. Laut der Nachrichtenagentur Bloomberg sagte der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij zu Blinken, er brauche „heute zwei Patriot-Systeme für Charkiw“.
Zeiten größter Herausforderung: Russland hat vor einigen Wochen das Kraftwerk Trypilska zerstört, obwohl es zuvor gut gesichert war. Selenskij sagte, es habe daran gelegen, dass ihnen „komplett alle Raketen ausgingen“. Nachschub für die Luftverteidigung sei „das größte Defizit“, sagte er zu Blinken. Vor wenigen Tagen hat Russland eine Offensive in der Region Charkiw begonnen, ob sie die Stadt in den nächsten Wochen bereits einnehmen wollen, ist unter Analysten umstritten.
Kann Europa helfen? Mein Kollege Georg Ismar war mit Scholz in Schweden. Generell bekräftigten der Bundeskanzler und die Ministerpräsidenten des Nordischen Rats am Montag, dass mehr Hilfe gewünscht sei, doch konkret wurden sie nicht. Finnlands Ministerpräsident Petteri Orpo sagte, Charkiw dürfe kein neues Mariupol werden. Orpo sagte, „jedes einzelne Land im Westen“ müsse „sofort alles tun, was es kann“. Deutschland schickt nun ein drittes Flugabwehr-System vom Typ Patriot in die Ukraine. Vor den Hilfslieferungen verfügte die Bundeswehr über zwölf dieser Systeme. Schweden besitzt vier, ziert sich aber noch eines abzugeben.
Nicht Finnlands Meinung: Nur einen Tag später sagte Scholz während einer Pressekonferenz, er sei „sehr deutlich in meiner Botschaft, dass wir nicht alles nach Kyiv schicken können, obwohl wir das Land sind, das am meisten leistet“. Dass Schweden derzeit keine Patriot-Systeme schickt, obwohl sie in der Ukraine dringend benötigt würden, kritisierte er nicht. „Jedes Land entscheidet selbst, welche Systeme nach Kyiv geschickt werden. Schweden hat große Entscheidungen getroffen. Das hat auch Deutschland gemacht.“