von Valerie Höhne, Tim Frehler und Gabriel Rinaldi
Diese Meldung stammt aus dem folgenden Briefing des Dossiers Platz der Republik:
Montagmittag, Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, eine Liegenschaft des Bundestags. Der Familienausschuss tagte öffentlich, es ging um die sogenannten Gehsteigbelästigungen vor Beratungsstellen für Schwangere, die eine Abtreibung erwägen. „Wir wurden extra angefordert“, sagte ein Polizist, der vor dem Saal stand. „Ist ja ein schwieriges Thema“, antwortete eine Verwaltungsangestellte, vielleicht würde noch einer böse.
„Überflüssig“ und „übergriffig“: Die Gehsteigbelästigungen zu verbieten, davon hält die CDU/CSU-Fraktion wenig. Sie hat Sachverständige eingeladen, die darin eine unzulässige Einschränkung der Meinungsfreiheit sehen. „Das ist nicht überflüssig, sondern übergriffig“, findet der Staatsrechtler Steffen Augsberg. Die AfD, nicht anders zu erwarten, lud einen Gehsteigbelästiger ein, der nichts Falsches daran erkennen konnte.
Keine ergebnisoffene Beratung: SPD und Grüne sehen das anders, durch die Belästigungen würde die ergebnisoffene Beratung, die Teil des gesellschaftlichen Kompromisses nach dem Einigungsvertrag sei, behindert. Die Frauen befänden sich in Notsituationen, müssten oft weit fahren, würden stigmatisiert, sagen ihre Sachverständigen. Die FDP fehlte im Ausschuss, gemäß ihrer Position, sich beim Thema Abtreibungen nicht festlegen zu wollen.
Wer will diese Debatte? Ginge es nur um die Gehsteigbelästigungen, würde sich wohl ein Kompromiss finden lassen. Doch es geht auch darum, dass Abtreibungen im Strafgesetzbuch geregelt sind. Sie sind nicht legal, nur straffrei. Die gesellschaftliche Debatte darum wollen aber selbst SPD und Grüne nur in Teilen führen. So polarisierend, wie sie ist, fürchten viele die weitere gesellschaftliche Spaltung derzeit mehr als sie eine Stärkung der Frauenrechte wollen. Fun fact: Alle weiblichen Sachverständigen sprachen sich für das Verbot der Gehsteigbelästigungen aus.