von Laurenz Gehrke, Selina Bettendorf, Miriam Dahlinger und Matthias Punz
Diese Meldung stammt aus dem folgenden Briefing des Dossiers Digitalwende:
Expertinnen und Experten sprechen von einem Wendepunkt. Denn, dass das höchste europäische Gericht (EuGH) Ende vergangenen Jahres festgestellt hatte, dass eine Schufa-Überprüfung nur in engen Grenzen erlaubt sei, betreffe nicht nur das sogenannte Scoring. „Es ist im Ergebnis damit zu rechnen, dass die Regelungen zu sogenannten automatisierten Einzelentscheidungen in Art. 22 DSGVO künftig an Bedeutung gewinnen“, sagte Simone Rosenthal, Partnerin in einer auf Technologie spezialisierten Anwaltskanzlei, SZ Dossier.Weitreichende Folgen: Die Entscheidung des EuGH betreffe neben dem Scoring, das Anlass für die Klage war, noch ganz andere Geschäftsmodelle, sagte Rosenthal, die heute auf einer Veranstaltung der Stiftung Datenschutz zum Thema diskutiert. Der EuGH habe das grundsätzliche Verbot solcher automatisierter Einzelentscheidungen „weit ausgelegt“. So erforderten neben dem klassischen Scoring auch andere Formen des Profilings künftig einen erhöhten Rechtfertigungsaufwand. „Auch automatisierte Verarbeitungen, die Entscheidungen nur vorbereiten, unterliegen nach Ansicht des EuGH besonderen datenschutzrechtlichen Anforderungen, wenn sie die Entscheidung eines anderen Wirtschaftsakteurs ‚maßgeblich‘ beeinflussen.“
Weniger automatisierte Entscheidungen: Demnach gebe es einige Praktiken, die nun nur in engen Grenzen zulässig seien und „vor allem transparent für die betroffenen Personen gestaltet werden müssen“, sagte Rosenthal. Darunter fielen etwa die „Berechnung einer Kündigungswahrscheinlichkeit von Kunden, um daran vertragliche Maßnahmen anzuknüpfen“ oder wenn in Onlineshops die Option Rechnungskauf untersagt werde.
Was das für die Schufa bedeutet: Die Entscheidung habe zwar weitreichende Folgen, stelle aber das Scoring-Geschäftsmodell durch Wirtschaftsauskunfteien wie die Schufa „nicht per se infrage“, sagte Rosenthal. Die Bundesregierung hat kürzlich auf das EuGH-Urteil reagiert, ein entsprechender Entwurf für eine Anpassung des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) ging vergangene Woche durch das Bundeskabinett (SZ Dossier berichtete). Eine „behutsame“ Reform nennt Rosenthal die Pläne. Der Entwurf komme Auskunfteien sogar gelegen, da er eine neue Ausnahme vom Verbot automatisierter Einzelentscheidungen speziell für sie schaffe. Scoring sei weiterhin möglich, wobei „besondere Datenkategorien wie Gesundheitsdaten sowie Namen, Informationen aus sozialen Netzwerken und Informationen über Transaktionen auf und von Bankkonten“ nicht mehr herangezogen werden dürften.
Was mitgeteilt werden muss: „Außerdem konkretisiert der Regierungsentwurf insbesondere die Auskünfte, die Auskunfteien den Betroffenen künftig – auf Antrag – erteilen müssen“, sagte Rosenthal. Zwar müssten die Auskunfteien weiterhin nicht den Algorithmus offenlegen, mit dem sie den Score-Wert berechnet haben, den betroffenen Personen aber den entsprechenden Wert nennen, ebenso wie die Berechnungskriterien sowie ihre Gewichtung.
Hintergrund der EuGH-Entscheidung vom Dezember waren zwei Fälle aus Deutschland. In einem Fall hatte eine Frau geklagt, der ein Kredit verwehrt worden war. Sie forderte die Schufa auf, einen Eintrag zu löschen und Zugang zu den Daten zu gewähren. Die Schufa teilte daraufhin nur den Score-Wert und allgemeine Informationen zur Berechnung mit, nicht aber die genaue Berechnungsmethode.
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