Chipfabriken werden weiter gefördert, Elektroautos weniger — die Koalitionsspitzen konnten sich dann doch auf Prioritäten einigen, wo sie Steuergeld für am besten eingesetzt halten. Rafael Laguna hat daran mitgewirkt, jedenfalls darauf eingewirkt: Der Direktor der Bundesagentur für Sprunginnovationen (Sprind) wollte Politiker überzeugen, dass die milliardenschweren Subventionen für Chipfabriken nichts sind, wo man kürzen sollte.
Liberale Zweifel: „Es gab schon sehr viel Erklärungsbedarf und ich habe viele Gespräche geführt“, sagte er im Interview mit SZ Dossier. „Ich war in vielen Beiräten und Gremien mit honorigen Personen, auch da hat es nicht jeder verstanden. Es handelt sich einfach um eine sehr spezielle Industrie.“ Gerade in der FDP und ihrem Umfeld waren Zweifel aufgekommen. Lars Feld, Berater des Finanzministers, sprach im Fernsehen etwa davon, dass es sich um hinausgeworfenes Geld handle und die geplante Intel-Fabrik in Magdeburg gar kein Hightech sei.
Kein deutscher Sonderweg: Im Bereich Chips gehe es um die grundsätzliche Frage, „ob man mitentwickeln will oder nicht“. Wenn ja, dann nicht ohne staatliches Geld: „Die ganze Welt subventioniert, wir befinden uns da in einem Wettbewerb.“ Nicht, dass Subventionen an sich etwas Gutes seien: „Das wird wirklich oft falsch gemacht und hat den gegenteiligen Effekt.“
Allerneueste Technologie: Die rund zehn Milliarden Euro, die der Staat bei Intel zuschießt, seien im internationalen Vergleich aber „vollkommen normal“, sagte Laguna. „Was vielleicht manchen immer noch nicht klar ist: Wir werden das modernste Fertigungswerk von Intel bekommen, das es auf der ganzen Welt gibt – das ist die allerneueste Technologie“, sagte Laguna. „Hier geht es ja nicht darum, eine Schuhfabrik zu fördern, sondern um den Zugang zur gesamten Wertschöpfungskette im Chipbereich.“
No Intel, no party: Rund um die Fabrik werde ein umfassendes Ökosystem entstehen. Laguna nennt die niederländische Firma ASML, ohne deren Maschinen Chips nicht produziert werden können. Die Maschinen brauche man, um Chips zu belichten. Dafür wiederum braucht man Laser und hochplanare Spiegel. Letztere kommen aus Deutschland, von Zeiss. Bei den Lasern ist die Firma Trumpf aus Ditzingen führend. „Mit denen kann man noch ganz andere Sachen machen, das sind im Prinzip ultramoderne Röntgengeräte, mit denen kann man durch zehn Meter Beton schauen“, sagte Laguna. „Das alles würde es künftig wohl nicht mehr hier im Land geben, wenn Intel nicht kommen würde.“
Maschinenwende: Die Gefahr sei zudem, dass klassische Industrien von der Entwicklung der kommenden Jahre hinweggespült würden. „Wir sehen das in der Autoindustrie, da entwickelt Tesla bereits eigene Chips für seine Systeme, während deutsche Autobauer noch bei der Software scheitern.“ Wenn Europa und Deutschland weiterhin ausschließlich Chips aus Taiwan und anderswo importieren, hätte das weitreichende Folgen. „Die Chiphersteller dort werden irgendwann selbst Autos bauen, dann bricht uns alles weg.“ Dann sei man nicht nur technologisch abgehängt, sondern auch industriell. „Das gilt nicht nur für Autos, sondern für jegliche Maschinen, die wir hier in Deutschland bauen.“
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