von Florian Eder und Gabriel Rinaldi
Diese Meldung stammt aus dem folgenden Briefing des Dossiers Platz der Republik:
Wenn Regierungen das Internet abschalten, hat das fast immer mehr Gewalt zur Folge – die dann in der Regel extremer ist und weniger zielgerichtet. Zu diesem Ergebnis kommt Anita Gohdes von der Berliner Hertie School in ihrem neuen Buch „Repression in the Digital Age. Surveillance, Censorship, and the Dynamics of State Violence“, das heute erscheint. Wir haben reingeschaut: Das Buch liest sich wie eine recht aktuelle Ableitung zur Weltlage.Calling BS: „Viele Regierungen sagen, dass sie das Internet abschalten, um schlimmere Gewalt zu verhindern. Was ich zeigen kann, ist, dass das absolut nicht der Fall ist, sondern dass das eigentlich grundsätzlich mit mehr Gewalt korreliert“, sagte die Politikwissenschaftlerin Gohdes im Gespräch mit SZ Dossier. Sie betont die zentrale Rolle sozialer Medien in modernen Konflikten und identifiziert Zensur, Überwachung und Propaganda als die Hauptwege, über das Internet in Konflikte einzugreifen.Das ist kein Orchideenthema. Für Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine sind digitale Überwachung und Propaganda von entscheidender Bedeutung. „Wenn Russland verschiedene Städte innerhalb der Ukraine einnimmt oder okkupiert, geschieht fast immer zeitgleich oder sogar noch vorgelagert die digitale Annexion“, sagte Gohdes. „Das bedeutet, die lokalen Internetanbieter werden dazu angehalten, die Daten über russische Anbieter umzuleiten.“
Unterschätzte Technologien: Die Studie zeigt auch, dass die Kontrolle digitaler Infrastruktur ein wichtiger Bestandteil der Kriegsstrategie ist, um die Kommunikation der Opposition zu stören und negative Informationen zu unterdrücken. Gohdes wünschte sich mehr Regulierung und politische Einflussnahme: Standards dafür, wie und von wem vor Überwachungstechnologie genutzt werden dürfe.
Zugänge regulieren? „Wir müssen sichergehen, dass wir nachverfolgen können, wer Zugang zu dieser Technologie hat und wie dieser Zugang hergestellt wurde“, sagte Gohdes. Viele dieser Technologien würden sowohl in Autokratien als auch in Demokratien genutzt werden. „Das bedeutet, wir dürfen das nicht als ein Problem sehen, das woanders passiert, sondern müssen sehen, dass diese Technologie überall eingesetzt werden können und auch werden“, sagte Gohdes. Lesen Sie mehr im heutigen Dossier Digitalwende.