Ob es sich beim Koalitionsausschuss gestern schon um eine Nachtsitzung gehandelt hat, hängt davon ab, wann die Beteiligten üblicherweise zu Bett gehen. Spät wurde es jedenfalls. Damit wackelt ein weiteres Versprechen dieser Koalition. Nach fünfstündigen Beratungen sickerten gegen 22 Uhr die ersten Nachrichten durch und es wurde klar: Bei der Stromsteuer konnte sich die Koalition nicht darauf einigen, sie für alle Verbraucherinnen und Verbraucher zu senken. Das geht aus dem Ergebnispapier hervor, das SZ Dossier vorliegt.
Zentraler Punkt: Ab 2026 sollen Strom- und Gasspeicherumlagen für Verbraucherinnen und Verbraucher wegfallen – finanziert aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF). Auch die Stromsteuer für produzierende Unternehmen sinkt dauerhaft. Dazu kommt die staatliche Übernahme von Netzentgelten. Damit bekräftigt der Koalitionsausschuss die Beschlüsse des Kabinetts von vergangener Woche. In Summe entspreche das Entlastungen in Höhe von jährlich gut zehn Milliarden Euro, heißt es in dem Papier.
Rechenspiele: Eine Familie mit vier Personen spare dadurch pro Jahr bis zu 100 Euro. Im Papier werden die Maßnahmen explizit als solche bezeichnet, die „als erster Schritt“ vereinbart wurden. Es bleibt also politischer Spielraum für weitere Entlastungen – derzeit aber kein finanzieller. „Der Koalitionsausschuss ist sich darüber einig, dass weitere Entlastungsschritte – insbesondere eine Senkung der Stromsteuer für Verbraucherinnen und Verbraucher sowie die gesamte Wirtschaft – folgen sollen, sobald hierfür finanzielle Spielräume bestehen“, heißt es.
Rentenpaket, Teil 1: Eine „große Rentenreform“, wie sie die Koalitionäre nennen, wird aufgeteilt in zwei Etappen. Zunächst wird die Haltelinie beim Rentenniveau verlängert sowie die Mütterrente III ab dem 1. Januar 2027 eingeführt – ein Jahr früher als zuletzt angenommen. Sollte das aus technischen Gründen nicht gehen, wird sie rückwirkend ausgezahlt. Die Rentenversicherung hatte schriftlich mitgeteilt, dass eine Umsetzung erst Anfang 2028 möglich sei – CSU-Chef Markus Söder hatte eine schnellere Lösung gefordert. Dieser Teil soll noch vor der Sommerpause durchs Kabinett.
Rentenpaket, Teil 2: Der zweite Teil des Rentenpakets – bestehend aus Aktivrente, Frühstartrente und Betriebsrentenstärkungsgesetz – soll im Herbst vom Kabinett beschlossen und mit Ausnahme der Frühstartrente zum 1. Januar 2026 umgesetzt werden.
Bund und Länder: Die Länder signalisieren Zustimmung zum sogenannten „Wachstumsbooster“ aus Steuerentlastungen. Im Gegenzug bekräftigt der Bund laut des Papiers seine Zusagen aus dem Koalitionsvertrag: Hilfe bei kommunalen Altschulden, Entlastung der ostdeutschen Bundesländer und neue Kreditspielräume – bis zu 0,35 Prozent des BIP. Während die Koalitionäre tagten, fehlte Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU): Er verbrachte den Abend bei einem Fest der Sparkasse Schwarzwald-Baar in seinem Wahlkreis. Dafür feierte die neue SPD-Chefin Bärbel Bas ihre Premiere – als einzige Frau in der Runde.