In der CDU geht es gerade darum, wer über den Koalitionsvertrag entscheiden soll, sobald er fertig ist. Zuletzt gab es Forderungen nach einem Mitgliedervotum, etwa aus dem Brandenburger Landesverband. Für eine solche bundesweite Befragung der Parteibasis bräuchte es ein Drittel der Landesverbände und eine absolute Mehrheit im Bundesvorstand. Beides gilt als sehr unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist es, dass am Ende ein „Kleiner Parteitag“ entscheidet.
Forderung nach Mitgliederbefragung: Der Brandenburger CDU-Chef Jan Redmann zeigte sich im Tagesspiegel offen dafür – es bildeten sich auch mehrere Initiativen, die im Internet Unterschriften sammeln (etwa hier und hier). Die Abgeordnete Inge Gräßle aus Schwäbisch Gmünd begrüßte den Vorstoß. Ihre Argumentationslinie: Mitgliedervoten seien Teil der Verhandlungs- und Druckstrategie der SPD gegen die Union. „Es ist an der Zeit, demokratische Prozesse zu leben, statt präsidiales Vorgehen zu pflegen“, sagte Gräßle. Und es würde, so die Abgeordnete, „innerparteilich befrieden“.
Im Harz sehen sie das anders. Von Befriedung kann dort keine Rede sein. Nicht nur einen Mitgliederentscheid wünscht man sich, sondern auch das Ende der Brandmauer. Die Mitteldeutsche Zeitung berichtet, der Kreisverband Harz in Sachsen-Anhalt fordere, dass die CDU das Kooperationsverbot mit der AfD abschaffe. Der Kreisvorstand hat demnach einen entsprechenden Beschluss mit fünf Forderungen an die Landesgeschäftsstelle weitergeleitet. Der CDU-Landesverband hat sich bereits distanziert. CDU-Bundesvorstandsmitglied Dennis Radtke bezeichnete eine Debatte über die Brandmauer als „in höchstem Maße toxisch für die CDU“, schreibt Robert Roßmann in der SZ.
In Berlin will man keinen Mitgliederentscheid. Der Plan ist ein sogenannter „Kleiner Parteitag“ – das zweithöchste CDU-Gremium. „Das werden wir so auch handhaben“, sagte Thorsten Frei gestern. Satzungsgemäß soll also der sogenannte Bundesausschuss über den Koalitionsvertrag entscheiden. Dorthin dürfen die Landesverbände einen Delegierten „je angefangene 4000 Mitglieder“ entsenden. Ebenfalls eingeladen sind der Bundesvorstand und Vertreterinnen und Vertreter der acht CDU-Vereinigungen. Es ist also ein deutlich kleineres Format als ein regulärer Parteitag. Außerdem werden dort eher hochrangige Parteipolitiker und weniger die Parteibasis erwartet.
Dabei war das nicht immer so. Die Junge Union war es, die 2018 eine Satzungsänderung durchgesetzt hatte: Künftig sollten Koalitionsverträge durch einen „richtigen“ Parteitag abgesegnet werden. Im Februar 2025 kam es allerdings zur Rolle rückwärts: Beim Bundesparteitag in Berlin gab es einen erneuten Änderungsantrag des Bundesvorstands. Die damalige Schatzmeisterin Julia Klöckner sagte, ein solcher Parteitag koste eine Million Euro. Deshalb solle lieber der Bundesausschuss entscheiden. Die Aussprache dauerte keine zehn Minuten, der Parteitag stimmte der Änderung zu. Geplant ist der „Kleine Parteitag“ Ende April.