Um kurz nach 19 Uhr traten Friedrich Merz, Markus Söder, Lars Klingbeil und Saskia Esken in der Halle des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses vor die Kameras. Schnell kam Merz zum Punkt: Als erstes Zwischenergebnis der Sondierungsgespräche wollen Union und SPD umfangreiche Milliardenkredite für Verteidigung und Infrastruktur ermöglichen. Die notwendigen Entscheidungen, um die Rüstungsausgaben hochzufahren, duldeten laut Merz spätestens nach den „jüngsten Entscheidungen der amerikanischen Regierung“ keinen Aufschub mehr.
Whatever it takes: Die Schuldenbremse soll für bestimmte Investitionen in die Verteidigung angepasst werden. Alle Verteidigungsausgaben oberhalb eines Prozents des Bruttoinlandsprodukts (BIP) sollen von der Schuldenbremse ausgenommen werden. Für Deutschlands Verteidigung müsse gelten: „Whatever it takes“, sagte Merz. CSU-Chef Markus Söder sagte: „Wir rüsten komplett auf.“ Das gelte militärisch, aber auch wirtschaftlich und technologisch. Der Tenor: Das sei nur zu verkraften, wenn die Wirtschaft wieder auf einen stabilen Wachstumskurs zurückkomme.
Verschleiß stoppen: Dafür soll auch die Infrastruktur verbessert werden. Für Investitionen in diese wollen Union und SPD ein Sondervermögen in Höhe von 500 Milliarden Euro für die Dauer von zehn Jahren schaffen. „Unser Land fährt auf Verschleiß“, sagte Klingbeil. Deswegen müsse massiv investiert werden. Eine künftige Regierung müsse diesen Verschleiß stoppen. Für die Punkte, für die das Grundgesetz geändert werden muss, sollen nächste Woche entsprechende Anträge in den alten Bundestag eingebracht werden. Die endgültige Entscheidung darüber liege laut Merz beim Ältestenrat.
Dabei soll es nicht bleiben. Wie Klingbeil betonte, wolle man bis Ende 2025 die Schuldenbremse überarbeiten. Wie aus einem Ergebnispapier zu den Sondierungsgesprächen hervorgeht, das SZ Dossier vorliegt, soll eine Expertenkommission eingesetzt werden, die „einen Vorschlag für eine Modernisierung der Schuldenbremse“ entwickelt, die „dauerhaft zusätzliche Investitionen in die Stärkung unseres Landes“ ermöglicht. Weiterhin wollen Union und SPD im ersten halben Jahr nach der Regierungsbildung ein „Planungs- und Beschaffungsbeschleunigungsgesetz für die Bundeswehr“ sowie eine „Prioritätenliste mit schnell zu beschaffenden Rüstungsgegenständen“ vorlegen.
Auch die Länder kommen gut weg. Für sie soll die Schuldenregel gelockert werden, zudem sind 100 der 500 Infrastruktur-Milliarden für Länder und Kommunen bestimmt. Dazu unten mehr. Wie aus dem Papier hervorgeht, sollen die Mittel von Bund, Ländern und Kommunen insbesondere in den Zivil- und Bevölkerungsschutz, die Verkehrsinfrastruktur, Krankenhaus-Investitionen, Investitionen in die Energieinfrastruktur, in die Bildungs-, Betreuungs- und Wissenschaftsinfrastruktur, in Forschung und Entwicklung sowie Digitalisierung gehen. Merz betonte, es müsse an anderer Stelle gespart werden.
Weiter im Text: Die Sondierungsgespräche sollen nach dieser ersten Einigung bei Finanzfragen am Donnerstag und Freitag fortgesetzt werden. Söder sprach von einer „Verantwortungsgemeinschaft in schweren Zeiten“. Die Regierung könne handeln, bevor die Posten verteilt seien. Die Statements zeigten die weiteren Prioritäten der Sondiererinnen und Sondierer auf: Während Merz vor allem auf die Themen innere Sicherheit, Migration und Wettbewerbsfähigkeit ging, betonte Klingbeil die Entlastung von Familien, stabile Renten und ein gerechtes Steuersystem. Ziel sei es laut Merz, die Beratungen „zeitnah abzuschließen“.