Fernab der Kanzlerfrage geht es in diesem Wahlkampf auch darum, wer es überhaupt in den Bundestag schafft: Mit FDP, BSW und der Linken kämpfen gleich drei Parteien darum, die Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen. Oder, wie im Fall der Linken, drei Direktmandate zu gewinnen. Im aktuellen ZDF-Politbarometer stehen alle drei Parteien bei vier Prozent. Ein Punkt hoch oder runter kann also über den Wiedereinzug entscheiden. Und damit auch darüber, wie es mit den Parteien in den kommenden vier Jahren weitergeht.
Warum das wichtig ist: Die Entscheidung im Tabellenkeller der Umfragewerte spielt allerdings nicht nur für die Abstiegskämpfer eine Rolle. Nimmt man die acht Prozent hinzu, die die Fachleute der Forschungsgruppe Wahlen zurzeit unter „Sonstige“ messen, wären 20 Prozent der abgegebenen Stimmen nicht im Parlament vertreten, wenn FDP, BSW und Linke den Einzug verpassen. Das Parteiensystem wäre zwar zersplittert, die Zusammensetzung des Bundestages aber viel konzentrierter als zurzeit.
Folgen für Koalitionsbildung: Auch für die Regierungsbildung hat das Abschneiden der Kellerkinder Folgen. Sitzen nur vier Fraktionen im Bundestag, werden Zweierkonstellationen wahrscheinlicher. Sind es hingegen sieben, zwingt das die Parteien womöglich zu einer Dreierkoalition.
Liberaler Nachschlag: Die FDP will die Trendwende mit einer Ergänzung zum Wahlprogramm schaffen. Darin enthalten sind vor allem liberale Klassiker: So will die FDP Bagatell- und Lenkungssteuern, etwa auf Bier und Kaffee, streichen, EEG-Subventionen abschaffen und Englisch als zweite Verwaltungssprache einführen. Die Liberalen reagieren auch auf den bisherigen Wahlkampf und fordern ein „Leitbild für Migration und Integration“. Eine staatlich verordnete Leitkultur will sie aber nicht, berichtete Table Briefings zuerst.
Linke will „Wirtschaft für die Mehrheit“: Um sich als „einziger Gegenpol gegen den Aufstieg des neuen Faschismus“ zu positionieren, hat die Linke kurz vor ihrem Parteitag am Samstag eine „Anti-Agenda“ zur Agenda 2030 der Union vorgelegt. Darin fordert sie unter anderem Investitionen in die Infrastruktur in Billionenhöhe: So soll etwa der Klima- und Transformationsfonds für die kommenden zehn Jahre mit 65 Milliarden Euro jährlich ausgestattet werden. Zudem soll die Schuldenbremse abgeschafft und ein bundesweiter Mietendeckel eingeführt werden.
Wagenknecht grenzt sich ab: Das BSW traf sich bereits am Sonntag in Bonn und setzt in der heißen Phase vor allem auf das eigene Kernthema Frieden, auf billigere Energie – und neuerdings auch auf eine schärfere Abgrenzung zur AfD.