Alice Weidel konnte zufrieden sein. Am Sonntagmittag stimmten die Delegierten mit der nötigen Zweidrittelmehrheit dafür, die Junge Alternative von der AfD abzukoppeln und eine neue Jugendorganisation zu gründen. Damit gelingt dem Bundesvorstand der Versuch, den Parteinachwuchs stärker unter eigene Kontrolle zu bringen. Wie genau die neue Jugendorganisation heißen wird, steht aber noch nicht fest. Über den Namen soll der Nachwuchs selbst bestimmen. Was allerdings feststand: Führende Köpfe der JA waren stinksauer.
Schein und Sein: Alice Weidel wird es verschmerzen können. Mit welchem Selbstbewusstsein sie und ihre Partei gerade auftreten, demonstrierten sie schon am Samstag. Um kurz nach 13 Uhr wählte der Parteitag Alice Weidel zur Kanzlerkandidatin. Die Organisatoren setzten dabei auf ein Verfahren mit größtmöglicher Kontrolle: Die Delegierten wählten Weidel per Akklamation durch Aufstehen. Wer widersprechen wollte, hätte sich von seinem Stuhl erheben müssen. Zur Gegenprobe standen die Delegierten auf, mindestens zwei in den hinteren Reihen blieben allerdings sitzen. Gleichwohl: Weidel war gewählt.
Licht aus: Danach wurde es dunkel in der „WT Energiesysteme Arena“ in Riesa. Ein kurzer Einspieler, Bilder, Beats – dann legte die Chefin los. Im Auftritt und in der Inszenierung gibt sich die AfD in Riesa zwar professioneller, moderner. Weidels Ton aber ist scharf. „Wir reißen alle Windräder nieder“, rief sie. Gender Studies will sie „schließen“, die Professoren entlassen, Rückführungen „im großen Stil durchführen“.
Wahl der Worte: Und sie schreckte auch vor einem belasteten Wort nicht zurück: „Wenn es dann Remigration heißen soll, dann heißt es eben Remigration.“ Die CDU nannte sie eine Betrügerpartei. Nach Entdämonisierung, Mäßigung oder einem Zubewegen auf die Union klang Weidels Rede nicht. „Wir müssen uns nicht mäßigen“, sagte dazu ein Bundestagsabgeordneter.
Ziel sei es, stärkste Partei zu werden. „Früher oder später wird sich die CDU auf uns zubewegen und möglicherweise sogar den Remigrationsbegriff übernehmen.“ Der findet sich nach dem Parteitag und per Änderungsantrag nun auch im Wahlprogramm der AfD, im Leitantrag war er zunächst nicht enthalten. In der Halle kam Weidels Rede an, „Alice für Deutschland“, riefen die Delegierten – ein Slogan, der sehr nah bei der SA-Parole „Alles für Deutschland“ liegt.
Weidelisierung: Die AfD-Chefin hat die Partei hinter sich gebracht. Selbst eine Weidel-Gegnerin aus Baden-Württemberg erkennt das an. Über den Umgang ihrer Partei mit ihrem Führungspersonal sagte sie: Wenn es nicht mehr laufe, werde in der Regel ausgetauscht. „Aber momentan funktioniert es ja perfekt.“ Weidel liefert. Und die Partei folgt ihr. (Ein ausführliches Porträt der AfD-Chefin von Roland Preuß und Nicolas Richter gibt es hier.)
Offen nach ganz Rechtsaußen: Im Gästebereich des Parteitags – unmittelbar vor dem Presseblock – trafen sich am Samstagabend AfD-Politiker rund um Björn Höcke zum Stuhlkreis mit dem rechtsextremen Verleger Götz Kubitschek, sie reichten sich die Bierbecher im Kreis herum. Hemmungen, sich derart offen mit Rechtsextremen zu zeigen, gibt es offenbar nicht mehr.