Donald Trump wird im Kreis seiner engsten Mitarbeiter zwischen sehr unterschiedlichen China-Interessen vermitteln müssen: Mit dem Ex-Senator Marco Rubio als Außenminister und dem Tech-Unternehmer Elon Musk als Leiter der neuen Kommission für Bürokratieabbau hat der künftige US-Präsident zwei Männer mit einer völlig gegensätzlichen Haltung zu China ausgewählt. Musk hat milliardenschwere Geschäftsinteressen in Shanghai – Rubio dagegen ist Hardliner und steht sogar auf einer chinesischen Sanktionsliste.
Ein Chefdiplomat, der China nicht besuchen darf? Rubio hatte zur Unterstützung der Hongkonger Demokratie-Bewegung aufgerufen, die Peking kurze Zeit später niederschlagen ließ. Seit 2020 steht Rubio auf der Sanktionsliste – und darf keinen Fuß auf chinesischen Boden setzen.
Ob er in seiner Funktion als Chefdiplomat aber wirklich nicht in die zweitgrößte Volkswirtschaft einreisen darf, ist offen. China hat in der Vergangenheit mehrfach bewiesen, dass es die eigenen Bestimmungen nicht immer ganz so ernst nimmt. Ein Politikum dürfte Rubios Ernennung trotzdem bleiben – weist seine Nominierung doch darauf hin, welche China-Politik Trumps Regierung allgemein einschlagen wird. Wäre da nicht Elon Musk.
Der Tesla-Chef und China-Freund wird Teil des engsten Trumpschen Beraterstabs sein, und zwar als Leiter der Kommission für Bürokratieabbau (Department of Government Efficiency). Es wird immer deutlicher, dass der reichste Mann der Welt und größte Einzelspender in der Geschichte der US-Politik Trump auch in anderen Belangen zur Seite stehen wird – womöglich gar als mächtigster Berater überhaupt. Und Musk betreibt in Shanghai sein größtes Tesla-Werk.
Ihm gegenüber steht Marco Rubio. Der 53-Jährige mit kubanischen Wurzeln sitzt seit 2011 für den Bundesstaat Florida im US-Senat und ist Mitglied im Ausschuss für auswärtige Beziehungen. Dort setzte er sich viele Jahre für eine aktive und einflussreiche Außenpolitik der USA ein und gilt im US-Senat als einer der führenden Befürworter einer entschiedenen Haltung gegenüber autoritären Regimen.
In einer Grundsatzrede bei der konservativen Heritage Foundation im März 2022 zeigte Rubio seine düsteren Ansichten zu China. Die Kommunistische Partei bezeichnete er als „ein bedrohliches, machthungriges Regime“, das darauf aus sei, die Vereinigten Staaten zu schwächen und die Welt zu beherrschen.
China – und nicht der Klimawandel – sei „die größte Bedrohung, der sich Amerika heute gegenübersieht“, führte Rubio weiter aus. Die USA müssten chinesische Spionage verhindern, die amerikanische Industrie wiederbeleben und ihre Verbündeten befähigen, diese Gefahr zu bekämpfen. Und er warnte: Sollte China die Oberhand gewinnen, würde dies „ein neues dunkles Zeitalter der Ausbeutung, Eroberung und des Totalitarismus und aller schlimmsten Aspekte der menschlichen Natur“ einläuten.
Die Denkschule, die Rubio vertritt, ist bei den Republikanern weit verbreitet. Dieser Teil der Partei glaubt, dass eine Achse autokratischer Aggressoren einzelne regionale Konflikte zu einer großen Konfrontation mit der gesamten freien Welt verbindet. Diese Achse bestehe aus Moskau, Pjöngjang, Teheran und eben Peking.
Elon Musk dagegen hält nur wenig davon, eindeutige Feindbilder zu schaffen. Auf China bezogen hat er mehrfach darauf hingewiesen, dass die Führung in Peking sich deutlich unterscheide von den Regimen in Pjöngjang, Teheran und Moskau. Der aus seiner Sicht größte Unterschied: China ist substanzieller Teil der Weltwirtschaft und könne sich gar nicht vom Westen loseisen.
Musk macht keinen Hehl daraus, dass er China als wichtigen Markt für sein Elektrofahrzeugunternehmen Tesla betrachtet und auch aus diesem Grund freundschaftliche Beziehungen zu führenden chinesischen Politikern wie Premierminister Li Qiang pflegt. Musk hat Taiwan denn auch schon als Teil Chinas bezeichnet und zur Lösung des Konflikts vorgeschlagen, es könne ja „Sonderverwaltungszone" der Volksrepublik werden.
Und Trump? Ganz eindeutig gehört auch er nicht dem Lager der Falken an. Er hat zwar in seiner ersten Amtszeit mit seiner Zollpolitik den Handelskrieg mit China forciert. Er sieht sich aber auch immer als Dealmaker, mit dem zu verhandeln ist. Und die Zölle sind für ihn Teil der Verhandlungen.
Als Rubio sich 2019 mit der Demokratie-Bewegung in Hongkong solidarisierte, lautete Trumps Reaktion: „Ich setze mich für Freiheit ein. Aber wir stehen auch davor, das größte Handelsabkommen der Geschichte abzuschließen.“ Trump einigte sich kurz darauf mit Peking tatsächlich auf eine – wenn auch nur vorläufige – Beilegung des Handelsstreits.
Genau darauf setzt nun auch die Führung in Peking. Sie ist bereits eifrig dabei, informelle Kanäle nach Washington zu etablieren und will dabei allen voran freundschaftliche Beziehungen zu Musk nutzen. Der wiederum soll mäßigend auf Trump einwirken – so Pekings Hoffnung.
Zur Wahrheit gehört denn auch, dass Rubio sich außenpolitisch der isolationistischen Haltung seines künftigen Chefs inzwischen angenähert hat. Im Senat stimmte Rubio gegen die Ausweitung der Ukraine-Hilfen. „Ich bin nicht auf der Seite Russlands – aber leider ist die Realität, dass der Krieg in der Ukraine nur durch eine Verhandlungslösung beendet werden kann", sagte Rubio in einem Fernseh-Interview. Wenn es um Macht geht, ist er wandelbar – ein Verhalten, mit dem Peking wiederum bestens umzugehen versteht. Felix Lee