Es war ein leicht vergiftetes Angebot, das Friedrich Merz dem Kanzler gestern unterbreitet hat: eine Zusammenarbeit mit der Union in Sachen Migration, notfalls ohne Grüne und FDP. Das käme allerdings einem Koalitionsbruch gleich – und erhöhte den Druck auf Scholz. Das Angebot ausschlagen und nicht handeln? Geht nicht. Was also tun?
Wenn du nicht mehr weiterweißt, gründe einen Arbeitskreis. Scholz ging zwar einen Schritt in Merz‘ Richtung, aber nicht ganz auf sein Angebot ein. Stattdessen beauftragte er Innenministerin Nancy Faeser (SPD) eine Arbeitsgruppe zu bilden und „sehr zügig“ zu Gesprächen einzuladen. Dabei sein sollen: Vertreter der beiden Länder, die die Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) führen, Vertreter der Union sowie involvierte Bundesressorts. Momentan heißen die Vorsitzenden der MPK Boris Rhein (CDU) aus Hessen und Stephan Weil (SPD) aus Niedersachsen. Anfang Oktober allerdings übernimmt Sachsen den Vorsitz in der MPK. Dort wird am Sonntag gewählt.
Wie viele Köche dürfen es sein? Wie die Deutsche Presse-Agentur berichtet, sollen vonseiten der Bundesregierung neben Faeser auch Wirtschaftsminister Habeck (Grüne) und Justizminister Buschmann (FDP) dabei sein. Merz hatte eigentlich ein anderes, deutlich kleineres Modell im Sinn: Er und der Kanzler sollten je einen Vertreter bestimmen, Merz dachte seinerseits an Thorsten Frei. Der soll laut Bild nun auch dabei sein, Anfang kommender Woche soll die Runde zusammenkommen.
Passieren soll auch noch etwas: Wie Regierungssprecher Steffen Hebestreit gestern sagte, bereitet die Bundesregierung „ein umfangreiches Maßnahmenpaket“ vor, das sich „in der Schlussredaktion“ befinde. Erste Details sind gleichwohl bereits durchgesickert. So könnten etwa Leistungen für Geflüchtete gekürzt werden, wenn sie über ein anderes EU-Land nach Deutschland eingereist sind und dort registriert wurden. Die Leistungen könnten sogar ganz gestrichen werden, wenn ein anderes Land der Aufnahme zugestimmt hat. Leichtere Ausweisungen seien geplant, wenn Geflüchtete Waffen einsetzen. Außerdem könnten die Befugnisse der Polizei ausgeweitet werden, berichten meine Kollegen Markus Balser, Daniel Brössler, Bastian Brinkmann und Paul-Anton Krüger aus dem Hauptstadtbüro der SZ.
Zeitenwende in Grün: Die Grünen-Politiker Irene Mihalic und Konstantin von Notz sehen auch in der eigenen Koalition Versäumnisse, bei Innenministerin Faeser von der SPD etwa. Wie das ARD-Hauptstadtstudio aus einem Positionspapier der beiden zitiert, verfolge die Ministerin eine „klassische, heute in weiten Teilen veraltete Sicherheitspolitik“. Außerdem sprechen sich die beiden für die konsequente Abschiebung nichtdeutscher Gefährder aus. Auch im Inneren brauche es eine Zeitenwende, fordern die beiden Grünen.