„Zunächst ist es eine gute Sache, wenn bei einer so wichtigen Frage die Opposition bereit ist, mit der Regierung zusammenzuarbeiten“, sagte Olaf Scholz gestern Abend im zehnminütigen Interview im Heute Journal. Am Morgen war Friedrich Merz im Kanzleramt vorgefahren, mit reichlich Vorschlägen im Gepäck.
Warum das wichtig ist: Der Kanzler hat beschlossen, das politische Kapital, das aus dem Anschlag in Solingen zu ziehen ist, nicht kampflos anderen zu überlassen. Dem Oppositionsführer, der ihm nächstes Jahr das Kanzleramt streitig machen will, erst recht nicht.
Landezone: Die Grenzkontrollen will auch Scholz „so lange wie möglich fortführen“. Ebenfalls einig sind sie sich bei Abschiebungen, beide möchten Rückführungen nach Afghanistan durchführen und auch nach Syrien. Scholz geht es da allerdings vor allem um „schwere Straftäter“.
Dann wird es kompliziert. Nah beieinander sind Kanzler und Oppositionsführer nicht. Merz verlangte, Migranten an den deutschen Außengrenzen zurückzuweisen, das sei seiner Auffassung nach rechtlich möglich. Andernfalls müsse Deutschland eine Notlage erklären, die den Schutz der Binnengrenzen ermögliche. „Das Individualrecht auf Asyl bleibt“, konterte Scholz. Es werde keine pauschale Ablehnung an Deutschlands Grenzen geben, dagegen spreche auch das Recht.
Lindner, Adabei: Merz rechnete vor, dass SPD und Union im Bundestag zusammen eine Mehrheit hätten, um die von ihm geforderten Gesetzesänderungen durchzusetzen. Finanzminister Christian Lindner (FDP) meldete ebenfalls Interesse an: „Die FDP steht zu überparteilichen Anstrengungen bereit, neuen Realismus in der Migration von Bund und Ländern konsequent durchzusetzen“, sagte er Bild. „Die Vorschläge von Herrn Merz zur Migration decken sich stark mit denen der FDP.“
Wie es jetzt weitergeht: Merz sagte, er habe dem Bundeskanzler vorgeschlagen, eine Person zu benennen, die zusammen mit Thorsten Frei (CDU) bis zur nächsten Sitzungswoche des Bundestags klären solle, worauf man sich verständigen könne. So soll eine Liste mit schnell änderbaren Gesetzen entstehen. Scholz habe nicht zugesagt, aber eine rasche Antwort in Aussicht gestellt.