Die CDU-Politikerin bleibt Präsidentin der Europäischen Kommission. Das war überwiegend auch erwartet worden, aber es ist doch erstaunlich, wie anders die Atmosphäre bei ihrer Wiederwahl am gestrigen Donnerstag war, im Vergleich zu ihrer ersten Wahl vor fünf Jahren. 2019 war ich für die SZ als Korrespondentin in Brüssel, damals herrschte durchaus Aufbruchstimmung, weil von der Leyen mit ihrem Grünen Deal für Europa tatsächlich eine neue Richtung einschlagen wollte.
Grün blinken, clean abbiegen: Auf diesem Weg ist es jetzt zwar nicht zu einer Vollbremsung gekommen, aber doch zu einem etwas waghalsigen Abbiegemanöver mit quietschenden Reifen und rauchendem Auspuff (zum Glück jedoch mit E-Fuels im Tank, für die künftig beim Verbrenner-Verbot eine Ausnahme gelten soll).
They who must not be named: Statt auf den „Green Deal“ will von der Leyen jetzt auf einen „Clean Industrial Deal“ setzen, um Emissionen und Energiepreise zu senken. Was sich zwar beinahe reimt, aber doch etwas anderes beinhaltet: Man wolle die Ziele des Grünen Deals beibehalten, und das Emissionsziel für 2040 sogar noch verschärfen, aber „mit Pragmatismus, Technologie-Neutralität und Innovation“, wie von der Leyen es formulierte. Übersetzt heißt das: so, dass auch die konservativen Kräfte in Europa besser mit ihnen leben können (und so, dass endlich nicht mehr ständig der Name der politischen Konkurrenz genannt werden muss). Dass am Ende zwar die Grünen, nicht aber die deutschen FDP-Abgeordneten Ursula von der Leyen ihre Stimmen gaben, dürfte in Berlin übrigens noch für Diskussionen sorgen.
Mehr Grenzschutz: In ihren neuen politischen Leitlinien, die sie am Donnerstag veröffentlichte, kündigte von der Leyen weitere Schwerpunkte für ihre zweite Amtszeit an. So soll die EU wettbewerbsfähiger werden, etwa indem es europäischen Firmen erleichtert wird, auf globalen Märkten Fuß zu fassen – das dürfte auf ein Update für die Fusionskontrolle hinauslaufen. Mit einem neuen Verteidigungskommissar will von der Leyen einen europäischen Luftschutzschild und eine Cyberabwehr auf den Weg bringen. Und sie will die Zahl der Frontex-Beschäftigten auf 30.000 verdreifachen.
Im Büro ist es immer noch am schönsten: Mit dem Verteidigungskommissar war schon gerechnet worden, dazu kommen wird nun auch ein (wohl sozialdemokratischer) Kommissar fürs bezahlbare Wohnen. Ein Problem, das von der Leyen selbst erstmal nicht betreffen wird: Sie kann einfach weitere fünf Jahre in der Butze neben ihrem Büro im Brüsseler Berlaymont-Gebäude wohnen bleiben.