Was in der Informationswüste alles nicht mehr blüht: Kontrolle politischer Entscheidungen nah am Leben; die Informationsgrundlage für informierte Entscheidungen von Wählern und Bürgerinnen; vor allem das Recht der Menschen auf gemeinsame Fakten. Weite Teile der USA gelten diesbezüglich inzwischen als Nachrichtenwüsten, wo es nur noch eines oder gar kein lokales Medium mehr gibt.
Die Gründe des Lokalzeitungssterbens sind hier nicht bodentief zu erörtern, aber: mit wegbrechenden Werbeeinnahmen, ohne zeitig eine Bezahlkultur für ihre Inhalte etabliert zu haben, verloren viele den Halt. Was daraus auch folgte: Reine Meinungsmedien stießen in die Lücke und trugen nicht wenig zur politischen Stimmung im Land bei. Sie sind übrigens billiger zu betreiben: brauchen nicht zu recherchieren, nicht zu differenzieren, haben ihren Take schon im Gepäck.
Nur in Amerika? „Wenn Ihr glaubt, Ihr habt noch zehn Jahre: Bereitet Euch auf fünf vor“, sagte mir Jim Brady, bei der Knight Foundation als Vizepräsident zuständig für Journalismusförderung und ein Veteran des US-Politikjournalismus. In den USA passierte, was in anderen westlichen Ländern auch zu sehen ist – bloß: „Der Verfall setzte früher ein und es ging steiler nach unten“, sagte John Palfrey, Präsident der McArthur Stiftung – der andere große Journalismusförderer der USA.
Beide waren diese Woche in Berlin im Versuch, verhindern zu helfen, dass wir uns bald in ähnlicher Lage befinden. Der Media Forward Fund nahm seine Arbeit auf, unter der Leitung von Martin Kotynek, dem früheren Chefredakteur des Wiener Standards. Er fördert Organisationen und Projekte, mit einem Schwerpunkt auf unterversorgte Regionen und Communities, damit es mehr Qualitätsmedien mit tragfähigen Geschäftsmodellen gibt.
Einer der Geldgeber, Hans Schöpflin, vermisste ein Bewusstsein für die Dringlichkeit: „Demokratie ohne die vierte Gewalt funktioniert nicht“, sagte der Basler Philanthrop. Das sollten Menschen mit viel Geld verstehen: „Wir müssen weg von der Wohlfühlphilanthropie“, sagte er und zählte Klimaschutz und Nachhaltigkeit zu solchen Themen. „Der Dachstuhl brennt.“
Noch könne man löschen, meinte er – aber das steht, in diesem Bild, mit der Bereitschaft, die Feuerwehr zu finanzieren. „Einerseits gibt es viel Geld, so viel wie in den nächsten Jahren hier vererbt wird“, sagte Schöpflin. „Andererseits ist dieses Geld nicht bereit, Flagge zu zeigen oder politisch zu sein.“
Vor wenigen Wochen noch kommunizierte der neue Fonds, ein Zusammenschluss verschiedener Stiftungen zu einem Förderpool, ein Zielvolumen von 25 Millionen Euro. Bis zum Start hatte sich die Zahl schon verdoppelt und tatsächlich sind bislang auch 6 Millionen Euro im Topf für die ersten Förderzusagen.
Brady berichtete im Gespräch von Erfahrungen des amerikanischen Vorbilds: Ein Beispiel für gelungene Förderung neuer, junger Lokalmedien sei es, ihnen kostengünstige Infrastruktur zur Verfügung zu stellen: ein Redaktionssystem von der Stange etwa, das mit wenigen Handgriffen an die Erfordernisse vor Ort angepasst sei. „Wir schauen oft auf die Erlösseite“, sagte Brady. „Auf der Kostenseite gibt es auch ein paar Stellschrauben.“
Ziel solcher Förderung seien nicht lebenserhaltende Maßnahmen für überkommene Geschäftsmodelle, sondern praktische Überbrückungshilfe hin zu einem neuen, sagte Brady. Eine Brücke baut man am besten, solange die Pfeiler noch Halt finden. Bewerbungen beim Media Forward Fund „sind ab sofort möglich“, teilt die Organisation mit.