Musk ist gemeint: Es sei „gut“, dass X/Twitter behaupte, viel gegen Falschinformationen zu tun. „Aber wir wollen mehr Beweise sehen, die das bestätigen“, sagte Věra Jourová, die Vizepräsidentin der Europäischen Kommission. „Ich erwarte weitere Anstrengungen, um das Vertrauen der Expertengemeinschaft, die sich mit der Bekämpfung hybrider russischer Bedrohungen befasst, wiederzugewinnen“, sagte sie SZ Dossier.
Es reicht nicht: Jourová kehrte am Samstag unzufrieden aus Kalifornien zurück. Sie hatte nach dem Rechten sehen wollen und befand, die einschlägigen Plattformen nähmen russische Versuche, auf die Europawahl am kommenden Wochenende Einfluss zu nehmen, wohl nicht ernst genug, um ihnen entschieden zu begegnen. Die Bemühungen der „meisten“ Online-Plattformen erkenne sie an, sagte mir Jourová nach ihrer Rückkehr. „Aber Kalifornien ist weit von Russland entfernt und ich befürchte, dass das Ausmaß der Bedrohung hier unterschätzt wird.“
Wo Twitter spart: Bei X etwa habe sie „beunruhigende Nachrichten über den Personalabbau“ gehört, sagte Jourová, unter anderem in den Abteilungen, die nachweisliche falsche Inhalte laut geltendem EU-Recht entfernen müssten. X setzt stattdessen auf Community Notes – die seien „zwar ein interessantes Instrument, können aber in diesem Stadium die Arbeit der Experten nicht ersetzen“, sagte Jourová. Die Kommission hat kürzlich ein Verfahren gegen das Unternehmen eingeleitet; sie hat den Verdacht, mit den kollektiven Anmerkungen könne X sich aus der Verantwortung schleichen.
Wie Trump: Jourová, eine tschechische Liberale, ist zuständig für „Werte und Transparenz“ und damit auch für das Vertrauen in die europäischen Institutionen. Jourová beobachtet interessierte ausländische, vor allem russische, Propaganda, die Zweifel am ordnungsgemäßen Ablauf der Europawahl streue – die USA kennen das Spiel von Donald Trumps Kampagne gegen den gewählten Präsidenten. „Der Kreml arbeitet hart daran, die Systeme der Online-Plattformen zu manipulieren“, sagte sie uns.
Ihre Ziele: Die Plattformen sollten der EU-Wahl dieselbe Aufmerksamkeit schenken, wie es die Kommission tut, und ihre eigenen Geschäftsbedingungen durchsetzen. Das heißt: politische Werbung als solche erkennen und behandeln, gegen gefälschte Konten vorgehen und nicht zuletzt die Komplexität der EU anerkennen, allein sprachlich. Die Unternehmen möchten in das Verständnis von Risiken „in allen EU-Sprachen“ investieren, sagte Jourová, speziell in den kleinen, anfälligen Gesellschaften wie im Baltikum.
Bitte rasch: „Es sind nur noch wenige Tage bis zu den Wahlen, bei denen die Gefahr der Einmischung am größten ist“, sagte Jourová. „Jetzt ist es an der Zeit, alle Instrumente und Kooperationsplattformen zu mobilisieren, um sicherzustellen, dass die Menschen ihre Stimme abgeben, ohne online manipuliert zu werden.“