Für einen wie Andreas Jung ist die Sache klar: „Es geht um die Zukunft unserer Kinder und das muss uns immer Herzensanliegen sein. Das ist seit der Gründung der CDU so gewesen und deshalb muss dieses Thema für uns immer herausragend wichtig sein“, sagte der CDU-Klimapolitiker SZ Dossier.
Die Union will einen Imagewechsel beim Klimaschutz, deutlich werden soll das im Grundsatzprogramm der CDU, das auf dem Parteitag übernächste Woche beschlossen werden soll. Bisher fand Parteichef Friedrich Merz das Thema überbewertet („es ist eben gerade nicht so, dass morgen die Welt untergeht“), doch nun wird Klimaschutz dringend ersehnt.
Der Klimapolitiker Andreas Jung (CDU) stand schon im Zukunftsteam von Armin Laschet, war vor den letzten Bundestagswahlen der Klima- und Umweltexperte des Kanzlerkandidaten. Heute ist er Sprecher der Unionsfraktion für Klimaschutz und Energie und stellvertretender CDU-Bundesvorsitzender.
In der Programmfassung der Antragskommission, die SZ Dossier vorliegt, heißt es, der Klimawandel und die Gefährdung der biologischen Vielfalt seien eine „existenzielle Bedrohung für unsere Erde und uns Menschen.“ Für die CDU gehören daher „Ökologie, Ökonomie und Soziales, auch im Hinblick auf Generationengerechtigkeit, untrennbar zusammen.“ Neu ist das Wort „existenziell“, ebenso wie die Passage „und uns Menschen“ und die „Generationengerechtigkeit.“ Um die Formulierungen wurde hart gerungen, sagen Beteiligte, mit dem besseren Ende für die Klimapolitiker.
Ein weiterer Streitpunkt: Soll es denn nun sozial-ökologische oder soziale und ökologische Marktwirtschaft heißen? Jung findet, das sei eine Frage der Formulierung, das Ökologische sei schon immer in der CDU verankert gewesen, beim C nämlich, das auch für die Bewahrung der Schöpfung stehe. „In der praktischen Umsetzung haben wir leider manchmal Flanken geboten“, sagt er. Deshalb sei es ein Prozess, die Klimapolitik in der CDU als zentrales Thema zu etablieren.
Jung sagte, Friedrich Merz habe diesen Gedanken in das Grundsatzprogramm geschrieben: „Mit einem Prozent der Weltbevölkerung und zwei Prozent des CO₂-Ausstoßes wollen wir 20 Prozent zur Lösung beitragen – mit Technologien für die Welt.“ Man arbeite daran, die CDU-Klimapolitik aufzuforsten, mit Initiativen, mit Vorschlägen für Innovationen und Effizienz, für erneuerbare Energien, Wasserstoff und CO₂-Kreisläufe. „Wir wollen hier einfach konkret glaubwürdig klarmachen, dass Klimapolitik für uns herausragend ist“, sagte Jung.
Ihr politisches Handeln, das richte die CDU laut Programmentwurf an den in Paris vereinbarten Klimazielen aus. Nach seinen vier klimapolitischen Prioritäten gefragt, antwortete Jung: „Energieeffizienz pushen mit Anreizen, erneuerbare Energien breiter denken, also auch Bioenergie, Geothermie und Wasserkraft; Wasserstoff mit Offenheit für alle Farben pragmatisch voranbringen und Restemissionen mit CCS und CCU abscheiden – nicht als Ersatz für Klimaschutz, sondern, um Industrie und Klimaneutralität zusammenzubringen.“
Und dann ist da ja noch ein Elefant im Raum: Im Grundsatzprogramm, auch der aktualisierten Fassung, steht das Vorhaben, die Erneuerbaren deutlich auszubauen. Im nächsten Satz steht aber: „Wir können zurzeit nicht auf die Option Kernkraft verzichten.“ Als das Papier veröffentlicht wurde, sorgte die Passage für Verwunderung, hatte doch die Union selbst den Atomausstieg unter Angela Merkel mitbeschlossen.
Jung interpretiert den Satz auf eine Weise, mit der vielleicht auch die Grünen leben könnten. „Da steht nicht drin: Wir bauen jetzt neue Kernkraftwerke der heutigen Technologie, so wie es die Franzosen und Briten machen. Es steht drin: Wir sind offen bei der Forschung.“ Dabei sei ausdrücklich die Forschung an Kernkraftwerken der vierten und fünften Generation genannt, auch die Kernfusion, was derzeit alles noch keine Rolle spielt.
Profitieren vor allem die Grünen, wenn das Thema Klimaschutz auf der Agenda steht? Er zitierte den ehemaligen CDU-Generalsekretär Peter Hintze: „Wir werden mit der Umweltpolitik die nächsten Wahlen nicht gewinnen. Wir dürfen sie aber nicht wegen der Umweltpolitik verlieren.“ Neben dem Überzeugen in der Sache müsse das strategische Ziel sein, bei der Klimapolitik so stark zu sein, dass die CDU nicht nur auf Augenhöhe sei, sondern im Ringen um das beste Konzept gegenüber allen Wettbewerbern die Nase vorn habe.
Jung sieht hier sogar gute Chancen, weil die Grünen in den vergangenen Jahren Vertrauen verspielt hätten. „In diese Lücke müssen wir reingehen“, sagte er. Die CDU müsse Menschen, denen Klimaschutz wichtig sei, genauso erreichen wie Industriearbeiter. Oft seien das dieselben Personen: Und das ist eine neue Erkenntnis der Union. Gabriel Rinaldi