Der Bundeskanzler wird heute Kant bemühen, um Zweifel an seiner Unterstützung für die Ukraine auszuräumen.
So viel zum Einfrieren: Wer angegriffen werde, der dürfe sich verteidigen und solle „nicht gezwungen sein, sich auf einen Friedensvertrag einzulassen, den der Aggressor mit dem ‚bösen Willen‘ abschließt, den Krieg bei ‚erster günstiger Gelegenheit‘ wieder aufzunehmen“, heißt es im Entwurf einer Rede zu Ehren Kants, der SZ Dossier vorliegt. Die Hervorhebungen zitieren aus Kants Werk Zum Ewigen Frieden.
Als Wladimir Putin Immanuel Kant seinen „Lieblingsphilosophen“ nannte, war die Welt eine andere. 2005 sagte Putin am Grab des Letzteren: Kant sei ein „kategorischer Gegner der Beilegung zwischenstaatlicher Streitigkeiten durch Krieg“ gewesen. Er versuche, sich an „diesen Teil seiner Lehre zu halten“. Was ist seitdem nur geschehen?
Grundsatzrede: Scholz versucht, das in einer grundsätzlichen Rede am heutigen Abend bei einem Festakt zu Ehren Kants zu ergründen. Scholz will aufzeigen, wie abstrus es ist, würde Putin Kant nach wie vor als einen seiner liebsten Denker bezeichnen – und was man von Kant im Krieg lernen kann.
„Nach Belieben zu handhabende Sachen“: Zwangsrekrutierte Russen würden im Angriffskrieg gegen die Ukraine in den Tod getrieben. Oder um die beißende Kritik aufzugreifen, die der Aufklärer Kant an den despotischen Staatsoberhäuptern seiner Zeit übte: Unter Putins Oberbefehl werden in Russland heute wieder Untertanen als – Kants Worte – „nach Belieben zu handhabende Sachen gebraucht und verbraucht“. Es sei diese Instrumentalisierung von Menschen gewesen, die Kant angeprangert habe.
Frieden nicht um jeden Preis: Scholz verweist auf die Gräuel von Irpin, Butscha, Mariupol, Popasna, Rubischne oder Awdijiwka. Im Ewigen Frieden finde sich ein bedenkenswerter Hinweis, heißt es in Scholz' Redemanuskript: „Er betrifft die Notwendigkeit, im Krieg auf sämtliche Methoden zu verzichten, die jedes Restvertrauen zwischen den Kriegsgegnern zerstören und so einen späteren Friedensschluss unmöglich machen würden.“
Scholz hat vor zu sagen: „Wir alle wünschen uns Frieden für unsere Zeit. Aber ein Frieden um jeden Preis – der wäre gar keiner.“
Die Zuversicht entnimmt der Westen nun den Nachrichten aus den USA, die ein 61 Milliarden Dollar schweres Hilfspaket freigegeben haben. Die Waffenlieferungen sollen laut ersten Meldungen bis Ende der Woche unterwegs sein.