Sie standen und klatschten minutenlang, als Olaf Scholz den SPD-Fraktionssaal betrat. Die Rede, die Scholz gehalten habe, sei die beste seit der Zeitenwende-Rede gewesen, fand einer, „wir sind erleichtert“, sagte ein Abgeordneter in die Kameras. Die SPD fühlt sich wieder im Reinen mit ihrem Kanzler. Dass Olaf Scholz jetzt entschieden hat, Lindner zu entlassen, war einer Durchstecherei geschuldet.
So sieht es jedenfalls die SPD. Lindner, so berichtete es zuerst die Bild, hatte Neuwahlen „angeboten“ – Scholz habe sie abgelehnt, heißt es von den Liberalen. Wegen dieser „Indiskretion“ (die Bild-Meldung soll laut SPD-Kreisen während einer Sitzungsunterbrechung auf den Handys aufgeploppt sein) habe der Kanzler sich entschieden, den Finanzminister zu entlassen. Nur ihn. Den anderen Ministern habe er die Möglichkeit gegeben, weiter Verantwortung zu tragen. Marco Buschmann, Bettina Stark-Watzinger und Volker Wissing nahmen das Angebot zum Seppuku nicht an.
Zwei Reden: Scholz hatte die Teleprompter vor sich, zwei Reden waren dem Vernehmen nach vorbereitet. Die, die er hielt, hielt er gern. Er habe der FDP ein Angebot gemacht, „angesichts der Herausforderungen, vor denen wir gemeinsam stehen“ habe es „größeren finanziellen Spielraum“ gebraucht. Also: Scholz wollte einen Überschreitungsbeschluss von insgesamt 15 Milliarden Euro durchsetzen, den Lindner nicht mittragen wollte.
Scholz zählte auf: Er habe die Netzentgelte für Unternehmen deckeln wollen, um den Industriestandort Deutschland zu stärken, zudem hätte es ein Industriepaket für die Automobilindustrie geben sollen. Drittens wollte er eine Investitionsprämie für steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten, und die Unterstützung für die Ukraine sollte erhöht werden. „Der Bundesfinanzminister zeigt keinerlei Bereitschaft, dieses Angebot zum Wohle des Landes in der Bundesregierung umzusetzen“, sagte er, das Verhalten wolle er dem Land nicht länger zumuten. Lindners Vorschläge seien „nicht anständig“ und „nicht gerecht“ gewesen.
Kalender heute: Scholz fliegt erst am Abend nach Budapest, vorher werden die FDP-Minister offiziell entlassen. Dabei sein werden der Bundeskanzler und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.
Auf einmal zählt das Parlament: Scholz hofft, dass die Union einige wichtige Projekte unterstützen wird. Zum Beispiel den Ausgleich der kalten Progression, die Stabilisierung der Rente, eine schnellere Umsetzung der schärferen Asylregeln.