Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben
Meldung

Die Kindergrundsicherung, ein digitalpolitisches Fiasko

Bisher wird bei der Kindergrundsicherung über rund 5000 Stellen gestritten. Bliebe der in der Koalition allseits unbeliebte Gesetzentwurf wie er ist, könnten es noch sehr viel mehr werden, laut einem Schreiben des Finanzministeriums in Jahr zwei nach der Einführung nämlich 6700 Stellen, in Jahr drei 7900 und in Jahr vier ganze 9000.

Von wegen Register-Modernisierung: Die fehlende Digitalisierung ist ein Hauptgrund dafür: Es fehlen Standards, damit Nachweise und Daten automatisiert über Behördengrenzen hinweg abgerufen werden können, berichtet Matthias Punz im Dossier Digitalwende. Derzeit kann die Verwaltung in vielen Fällen nicht einmal genau sagen, wo welche Daten in welcher Qualität abgelegt sind. Michael Pfleger leitet die bundesweite Registermodernisierung bei der Föderalen IT-Kooperation, das ist in etwa so kompliziert, wie es klingt. Wäre klar, welche Daten für die Bewilligung einer Leistung notwendig seien, würde laut Pfleger „täglich tausenden Sachbearbeitenden“ der Aufwand eingescannte Dokumente und Nachweise zu prüfen, erspart bleiben.

Wenig ist digital: Um die Idee der Kindergrundsicherung umzusetzen und einen vollautomatisierten Antrag zu schaffen – es ist für Familienministerin Lisa Paus das Ziel, „gar keine Frage“, sagte sie im Gespräch mit SZ Dossier –, dann bräuchte es den automatisierten Zugriff auf digitale Register, die die entsprechenden Daten enthalten müssten. Diese lägen ursprünglich aber oft nur in Papierform vor, zum Beispiel Nachweise über Gehalt, Arbeitslosen- oder Krankengeld, sagte ein Sprecher des Familienministeriums. Deshalb müssten sie beim Antrag abfotografiert und eingescannt und anschließend von der Verwaltung händisch übertragen und geprüft werden. Andere benötigte Daten, wie etwa die Miethöhe, fehlten gänzlich.

Bürokratenrepublik: „Es ist schlecht, wenn es den Institutionen schlichtweg aus technischen und organisatorischen Gründen nicht gelingt, hilfsbedürftige Menschen wirksam und unkompliziert zu erreichen“, sagte der Grünen-Politiker Malte Spitz, Mitglied des Nationalen Normenkontrollrats, dem unabhängigen Beratungsgremium der Bundesregierung zum Bürokratieabbau, SZ Dossier. Paus erklärte im Podcast mit Table Media, es sei eine „unsinnige Debatte“ gewesen, die das Land die vergangenen Wochen beschäftigt habe. Die (zur Erinnerung, von ihr selbst) angedachten 5000 Stellen hätten nichts mit der „aktuellen Verhandlungssituation“ zu tun.

Soso. Was stattdessen debattiert und getan werden könnte oder müsste, ist um einiges komplexer.