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Schmidt macht den Scholz-Erklärer

Wie geht’s der Ampel jetzt? Wenn der engste Scholz-Vertraute mehr Verständnis für den Bundeskanzler fordert und über Krisen und Medien klagt: naja. Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt schlüpfte bei einer Veranstaltung der Hertie School am Mittwoch – gezeichnet von der Nachtsitzung, aber mit wie immer breiter Brust – in die Rolle des Scholz-Erklärers. Irgendwer muss es ja machen, und wenn es auf Englisch an einer Berliner Hochschule ist anstatt auf Deutsch im Bundestag.

Das Ringen um Kompromisse: „Junge, haben wir viel gerungen, und es war sehr anstrengend“, sagte Schmidt. Nach dem Kompromiss beginnt das Verkaufen: Ministerkollegen wollen wissen, was es für ihre Haushalte heißt, Abgeordnete wollen Informationen. „Es reicht nicht aus, einen Kompromiss zu finden, sondern man muss ihn auch verkaufen oder kommunizieren“, sagte Schmidt.

„Ereigniskarten“: Man könne darüber diskutieren, ob diese Kommunikation so gut sei, wie sie sein könnte, sagte er. Aber nun, die Regierung habe mit vielen Krisen und Problemen zu kämpfen. „Man könnte das mit dem Brettspiel Monopoly vergleichen, bei dem man Ereigniskarten ausgehändigt bekommt“, sagte Schmidt. „Ich habe das Gefühl, dass uns regelmäßig Ereigniskarten ausgehändigt werden.“

Mehr Reibung: Ist es nicht der Zauber des Regierens, auch auf Unerwartetes reagieren zu müssen? Grundsatzprogramme kann man auch in der Opposition schreiben, siehe unten. Die Ampel aber tut sich schwer mit der Anpassung ihres Programms an die Weltlage, weil ideologische Unterschiede deutlicher zutage treten als während der vorangegangenen, „Großen“ Koalition.

Neues Spiel, alte Regeln: „Wir haben den öffentlichen Diskurs sediert, und jetzt haben wir eine Fülle von diesen Kämpfen und Diskussionen, was in einer Demokratie normal ist“, sagte Schmidt. „Irgendwie halten sich diejenigen, die daran beteiligt sind, aber manchmal auch diejenigen, die sie beobachten, immer noch an die Regeln des alten Spiels einer Zweiparteienkoalition mit einem sedierten politischen Diskurs“, so Schmidt. „Das ist so, als ob wir Fußball spielen würden und Sie und Ihre Kollegen kommentieren ein American Football Spiel.“

Lesen Sie halt uns, statt sich zu beschweren. Online-Medien haben zweifelsfrei den politischen Diskurs beschleunigt. „Heute steht der Journalismus (…) unter wirtschaftlichem Druck, alle zwei Stunden eine neue Schlagzeile produzieren zu müssen, um online noch relevant zu sein“, sagte Schmidt, der wiederum der Produktion von Schlagzeilen auch gar nicht abgeneigt ist. Es gebe derzeit aber kein Lagerfeuer, wo alle zusammenkommen. „Jeder hat seine eigenen Fakten und so gibt es keine gemeinsame Basis zum Reden.“